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Urteil
Kostenträger dürfen nicht aus Kostengründen Leistungen kürzen
Auch das OLG Stuttgart hat diesen Grundsatz wiederholt, dass Kostenträger die Höhe ihrer Erstattung nicht aus Kostengründen kürzen dürfen.
- Das Urteil
Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 08.06.2006 (Az. 7 U 224/05) die wesentlichen Gesichtspunkte zur medizinischen Definition zusammengefasst und abschließend den Punkt noch einmal klargestellt, dass finanzielle Aspekte bei der Prüfung der medizinischen Notwendigkeit gerade keine Rolle spielen dürfen.
In den Entscheidungsgründen steht zu lesen:
„Gem. § 1 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist der Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer Person wegen Krankheit oder Unfallfolge … . Die Aufwendungen für eine Heilbehandlung werden nur ersetzt, wenn sie medizinisch notwendig sind. Nach der ständigen Rechtssprechung des BGH ist dies zu bejahen, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung steht, die geeignet ist, die Krankheit zu lindern oder zu heilen…. Die wissenschaftliche Notwendigkeit beurteilt sich grundsätzlich nach den Erkenntnissen der Schulmedizin… . Medizinisch notwendig kann eine Behandlung aber auch dann sein, wenn der Erfolg nicht sicher vorhersehbar ist. Es genügt insoweit, wenn die medizinischen Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen. Ob dies der Fall ist, lässt sich nur anhand der im Einzelfall maßgeblich objektiven Gesichtspunkten mit Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Erkrankungen und der auf sie bezogenen Heilbehandlung bestimmen …. Finanzielle Aspekte sollen bei der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit keine Rolle spielen, es kommt nur darauf an, die Behandlungsmaßnahme objektiv geeignet ist, das Leiden zu heilen, zu bessern oder zu lindern… .“
- Kommentar
Bei dem Begriff der medizinischen Notwendigkeit handelt es sich um den zentralen Dreh- und Angelpunkt zur Bestimmung der Leistungspflicht der privaten Krankenversicherung. Nach sämtlichen Versicherungsbedingungen knüpft die Leistungspflicht der PKV unmittelbar an die Feststellung der medizinischen Notwendigkeit an. Umgekehrt entfällt die Leistungspflicht, wenn die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung gerade nicht bestätigt werden kann. In einem solchen Fall müssen Patient und Zahnarzt eine Verlangensleistung vereinbaren, für deren Kosten die PKV nicht aufzukommen hat. In allen anderen Fällen – nämlich bei Bestehen der medizinischen Notwendigkeit – muss die PKV zahlen.
- Handlungsempfehlung
Kommen Auseinandersetzungen mit Kostenträgern vor Gericht, wird die Beweislastverteilung immer wieder verkannt. Zu beachten dabei ist, dass der Patient die medizinische Notwendigkeit der Behandlung an sich beweisen muss. Steht diese aber dem Grunde nach fest und bestreitet die PKV die medizinische Notwendigkeit lediglich für einzelne Teilbehandlungsmaßnahmen, handelt es sich um eine Leistungskürzung und die PKV muss das Fehlen der medizinischen Notwendigkeit für die Einzelmaßnahme beweisen.
Diese Regeln der Beweislastverteilung sollten dringend eingehalten werden.