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Urteil
Unklare Versicherungsklausel geht zu Lasten der privaten Krankenversicherung
Das Landgericht Köln hatte sich mit einer solchen intransparenten Versicherungsklausel zu befassen. Der Patient hatte eine private Krankheitskostenvollversicherung abgeschlossen. Diese hatte sinngemäß u.a. folgenden Wortlaut:
Zahnbehandlungen werden zu 100 % und Zahnersatzbehandlungen zu 80 % erstattet. Nach der Tarifbedingung B) Nr. 1 Satz 2 werden zahntechnische Leistungen nur insoweit erstattet, als diese Kosten zusammen mit den in Rechnung gestellten zahnärztlichen Verrichtungen insgesamt die Höchstsätze der Gebührenordnung für Zahnärzte und Ärzte für die erstattungsfähigen zahnärztlichen Leistungen nicht überschreiten.
Angesichts dieser Formulierung stellte sich dem Landgericht Köln nun die Frage, wie der durchschnittlich informierte Versicherungsnehmer diese Klausel verstehen sollte und was nun tatsächlich erstattet werden muss. Der entscheidende Punkt war, dass die Klausel nicht eindeutig ist und so für den Patienten als Versicherungsnehmer nicht klar erkennbar ist, in welcher Höhe er eine Erstattung durch seinen privaten Krankenversicherer zu erwarten haben könnte. Insoweit erklärte das Landgericht Köln diese konkrete Klausel als Teil des gesamten Versicherungsvertrages unter Bezugnahme auf das so genannte „Transparenzgebot“ für unwirksam. Die private Krankenversicherung durfte unter Bezugnahme auf diese Klausel keine Erstattungsleistungen kürzen.
- Das Urteil
Das Landgericht Köln führt in seinen Entscheidungsgründen zu seinem Urteil vom 05.03.2014 (Az. 23 O 264/10) aus:
„Der erstattungsfähige Betrag wird nicht durch die Tarifbedingung B) Nr. 1 Satz 2 zum Tarif Z4 ermäßigt, da diese Tarifbedingung gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist.
Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine zur Unwirksamkeit führende unangemessene Beteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Dieses sog. Transparenzgebot verpflichtet den Anwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst klar, einfach und präzise darzustellen… . Treu und Glauben gebieten es auch, dass die Klausel wirtschaftliche Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Vertragspartner soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (vgl. BGH, NJW 2001, 2012). Maßstab für die Beurteilung ist, ob die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist (vgl. BGH, a.a.O). Diesen Anforderungen genügt die hier streitgegenständliche Tarifbedingung nicht. Nach ihrem Wortlaut werden zahntechnische Leistungen nur insoweit erstattet, als diese Kosten zusammen mit den in Rechnung gestellten zahnärztlichen Verrichtungen insgesamt die Höchstsätze der Gebührenordnung für Zahnärzte und Ärzte für die erstattungsfähigen zahnärztlichen Leistungen nicht überschreiten. Die Tarifbedingung ist nach Auffassung der Kammer dahingehend auszulegen, dass zahntechnische Leistungen nur erstattet werden, sofern die eigentlichen ärztlichen Leistungen unterhalb der Höchstsätze der Gebührenordnung für Zahnärzte und Ärzte abgerechnet werden. In diesem Fall werden zahntechnische Leistungen maximal in Höhe des Betrages erstattet, der der Differenz entspricht zwischen dem Betrag, der nach den Höchstsätzen der Gebührenordnung berechnet werden würde, und dem Betrag, der nach den im konkreten Fall angewendeten Gebührensätzen berechnet wurde.
Diese Auslegung kann der Tarifbedingung jedoch nicht ohne Weiteres entnommen werden. …
Die Intransparenz der Tarifbedingung wird nach Auffassung der Kammer dadurch bedingt, dass in dieser Tarifbedingung absolute Werte einerseits, nämlich die Kosten für zahntechnische Leistungen, und relative Werte andererseits, nämlich die Gebührensätze, miteinander vermengt werden. Denn die Gebührensätze sind bloße Faktoren, die erst durch Multiplikation mit den Beträgen für die einzelnen abgerechneten Positionen einen absoluten Betrag ergeben. Insbesondere ist daher für den hier maßgeblichen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht verständlich, dass der insgesamt erstattungsfähige Betrag für die eigentlichen zahnärztlichen Leistungen und die zahntechnischen Leistungen durch den Betrag begrenzt wird, der sich bei der Abrechnung der zahnärztlichen Leistungen mit den Höchstsätzen der Gebührenordnung ergibt. Dies folgt nicht nur aus der Komplexität der Regelung als solche, sondern schon daraus, dass in der Tarifbedingung nach ihrem Wortlaut eben nicht auf absolute Beträge, sondern auf das Überschreiten der Höchstsätze der Gebührenordnung Bezug genommen wird.
Hinzu kommt, dass für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht zu erkennen ist, dass der tariflich vereinbarte Erstattungsumfang bei umfangreichen Laborarbeiten deutlich unter die vertraglich vereinbarten Erstattungssätze fallen kann. Zudem kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer weder zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch zum Zeitpunkt der Einreichung von Rechnungen den konkreten Erstattungsbetrag eigenständig errechnen.“ - Kommentar
Diese Entscheidung des Landgerichts Köln passt sich in die gefestigte Rechtsprechung zu der Auslegung von Vertragsbedingungen ein. Der Verbraucher – hier der Versicherungsnehmer und Patient – wird vor unklaren Formulierungen geschützt, damit er keine „bösen Überraschungen“ erlebt. Die Urteilsbegründung ist sehr nachvollziehbar, beugt Missverständnissen vor und stärkt somit die Rechtssicherheit.
- Handlungsempfehlung
Dem Patienten sollte in Fällen, in denen die private Krankenversicherung Erstattungsleistungen unter Bezugnahme auf eine solche intransparente und missverständliche Klausel stützt, sein Recht bekannt sein, solche ungerechtfertigten Kürzungen nicht hinnehmen zu müssen. Unbedingt sollte ein fachkundiger Rechtsanwalt hinzugezogen werden.