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Urteil
Die Folge des Verlustes auf dem Postweg
Dies entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil vom 25.07.2012. Dort hatte ein Beamter eine Zahnarztrechnung zur Erstattung eingesendet. Dieses Schreiben war aber auf dem Postweg abhanden gekommen. Als der Beamte nachfragte, war die Frist zur Einreichung der Rechnung abgelaufen. Unter Hinweis auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die auch beinhaltet, den Beamten vor unzumutbaren Belastungen zu schützen, gegen die er sich nicht absichern kann – wie eben ein Verlust auf dem Postwege - , sah das Gericht die nach Fristablauf erfolgte Einreichung nicht als verspätet an.
Die Tatsache, dass der Brief als einfacher Brief aufgegeben worden war, der Absender also keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hatte, änderte an diesem Ergebnis nichts, da der Deutschen Post AG nach wie vor eine gesetzliche Beförderungspflicht obliegt.
- Das Urteil
In seinem Urteil vom 25.07.2012 (Az. 1 A 2253/11) führte der Hessische Verwaltungsgerichtshof aus:
„Weiterhin wird eine Ausnahme von den Rechtsfolgen der Versäumung einer Ausschlussfrist ausnahmsweise in solchen Fällen angenommen, in denen das Fristversäumnis durch höhere Gewalt verursacht wurde …. Der Begriff der höheren Gewalt wird dabei grundsätzlich enger als der Begriff „ohne Verschulden“ in § 60 Abs. 1 VwGO bzw. in § 32 Abs. 1 VwVfG verstanden. Er erfasst allerdings nicht lediglich solche Ereignisse, die menschlicher Steuerung völlig entzogen sind. Der Begriff wird vielmehr in Anlehnung an den Begriff der „unabwendbaren Zufälle“ des § 233 ZPO a. F. ausgelegt. Danach ist unter höherer Gewalt ein Ereignis zu verstehen, das unter den gegebenen Umständen auch durch die größte nach den Umständen des Einzelfalls vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht hat abgewendet werden können … .“
„Als ein Fall der „höheren Gewalt“ war der Verlust einer Postsendung jedenfalls in der Rechtsprechung zu § 233 ZPO a. F. anerkannt … . Im Hinblick auf das seinerzeit herrschende staatliche Postmonopol sollte der Bürger darauf vertrauen können, dass die für den Regelfall festgelegten Postlaufzeiten auch tatsächlich eingehalten würden. Insbesondere hat die Deutsche Post AG jedenfalls bis zum 31. Dezember 2005 eine gesetzliche Exklusivlizenz zur Beförderung von Briefsendungen bis 100 g inne gehabt und war im Gegenzug zur Beförderung verpflichtet (vgl. § 51 Abs. 1, 52 PostG). Zwar ist zwischenzeitlich das Briefmonopol der Deutschen Post weggefallen. Allerdings hat auch die Privatisierung der Postbeförderung nicht dazu geführt, dass den Postdienstleistern grundsätzlich kein Vertrauen mehr entgegengebracht werden könnte. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass alle Universaldienstleister, die Dienstleistungen im Bereich der Briefbeförderung erbringen. … Innerhalb welcher Zeit die Universaldienstleister verpflichtet sind, die Briefsendungen zuzustellen, ist für das vorliegende Verfahren nicht von entscheidender Bedeutung. Allein maßgeblich ist, dass die Postdienstleister in jedem Fall die Verpflichtung haben, die angenommenen Briefsendungen zuzustellen. Beruhte das unter Geltung des staatlichen Postmonopols der Deutschen Post AG entgegengebrachte Vertrauen, welches den Verlust einer Postsendung als unabwendbares Ereignis hat erscheinen lassen, darauf, dass die Deutsche Post AG aufgrund ihrer Monopolstellung eine Beförderungsverpflichtung hatte, so hat sich an dieser Situation jedenfalls durch die Privatisierung der Postzustellung nichts geändert.“
- Kommentar
Diese Entscheidung lässt sich auch auf Ansprüche gegenüber der PKV übertragen. Auch dort gilt der Grundsatz, dass sich der Postkunde auf eine Zustellung seines Briefes verlassen können muss.
- Handlungsempfehlung
Unabhängig von diesen grundsätzlichen Schutzmechanismen zugunsten des Versenders ist es ratsam, fristgebundene Briefe rechtzeitig auf den Weg zu bringen und bei einer längeren Reaktionslosigkeit, sich beim Empfänger den Posteingang bestätigen zu lassen.