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Urteil
Verzug ohne Mahnung, wenn der Patient erklärt, er könne nicht rechtzeitig zahlen?
- Das Urteil
Der Leitsatz des Bundesgerichtshofs zu seiner Entscheidung vom 20.04.2023 (Az. I ZR 140/22) lautet:
„Erklärt der Schuldner noch vor Fälligkeit, dass er nicht rechtzeitig leisten könne, würde es eine reine Förmelei darstellen, den Eintritt des Verzugs von einer Mahnung des Gläubigers nach Fälligkeit abhängig zu machen, der der Schuldner seinen Erklärungen zufolge ohnehin nicht Folge leisten kann. In einem solchen Fall ist eine Mahnung nach Fälligkeit entbehrlich.“
In seinen Entscheidungsgründen führt der Bundesgerichtshof aus:
„Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers in Verzug, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt. Nach § 286 Abs. 2 BGB ist in den dort genannten Fällen eine Mahnung für den Verzugseintritt entbehrlich. …
Die Revisionserwiderung macht mit Erfolg geltend, dass entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts im Streitfall eine Mahnung nach Fälligkeit entbehrlich war. Nach § 286 Abs. 2 BGB bedarf es einer Mahnung nicht, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist (Nr. 1), der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt (Nr. 2), der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (Nr. 3) oder aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist (Nr. 4). Es kann offenbleiben, ob die Voraussetzungen von § 286 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 BGB vorgelegen haben. Einer Mahnung der Versicherungsnehmerin nach Fälligkeit bedurfte es im Streitfall jedenfalls deshalb nicht, weil gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt war. Die Mahnung soll den Schuldner in die Lage versetzen zu erkennen, dass das Ausbleiben seiner Leistung Folgen haben werde, und ihn zur sofortigen Leistung veranlassen… .
Erklärt der Schuldner wie im Streitfall noch vor Fälligkeit, dass er nicht rechtzeitig leisten könne, würde es eine reine Förmelei darstellen, den Eintritt des Verzugs von einer Mahnung des Gläubigers nach Fälligkeit abhängig zu machen, der der Schuldner seinen Erklärungen zufolge ohnehin nicht Folge leisten kann.“
- Kommentar
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist logisch und konsequent. Allerdings stellt sich in der Praxis die Frage, ob eine Behandlung an einem Patienten durchgeführt werden sollte, der schon im Vorfeld erklärt, er werde die Rechnung nicht rechtzeitig bezahlen können. Relevant wiederum wird diese Entscheidung, wenn der Patient nach der Behandlung und vor der Rechnungstellung – also Fälligkeit – erwähnt, er würde sie nicht ausgleichen können. Denn dann wäre der Patient direkt im Verzug und müsste die zum Beispiel entstehenden Rechtsverfolgungskosten tragen.
- Handlungsempfehlung
Sollte ein Patient äußern, er würde die Rechnung nicht rechtzeitig bezahlen können, ist dringend zu einer entsprechenden Dokumentation zu raten. Am besten sollte der Beweis in einem späteren Rechtsstreit auch durch Zeugen belegt werden können oder einer Unterschrift des Patienten, mit welcher er seine Behauptung bestätigt. Und wer ganz sicher gehen möchte, kann einfach trotzdem eine Mahnung schicken, auch wenn es eine „reine Förmelei“ darstellt. Verboten ist dies nicht.
Dr. Susanna Zentai
Rechtsanwältin
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