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Urteil
Die Grenzen der Auskunftspflicht des Patienten gegenüber der PKV
Von dieser Auskunftspflicht ist der Patient allerdings ab dem Zeitpunkt befreit, ab welchem die Versicherung erklärt, sie würde die Leistung ablehnen. Ab dem Moment führt die Nichterteilung weiterer Auskünfte nicht zur Leistungsfreiheit und es ist zu prüfen, ob die Leistungsverweigerung unberechtigt ist. Dies muss gegebenenfalls ein Gericht klären.
Möchte die Versicherung zu einem späteren Zeitpunkt dann doch wieder in die Prüfung eintreten, muss sie dies dem Patienten gegenüber zweifelsfrei klarstellen. Nur dann lebt die Pflicht zur Auskunft wieder auf mit derselben Konsequenz wie vorher: Erteilt der Patient nicht die objektiv erforderlichen Auskünfte, ist die Versicherung nicht zur Leistung verpflichtet.
- Das Urteil
Diese Grundsätze hat der BGH mit seinem Urteil vom 13.03.2013 (Az. IV ZR 110/11) bestätigt. Der BGH führt in seinen Entscheidungsgründen aus:
„Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Versicherungsnehmer nach dem Versicherungsfall Aufklärungs- oder Auskunftsobliegenheiten nur solange zu erfüllen, wie er es mit einem Versicherer zu tun hat, der noch prüfungs- und damit verhandlungsbereit ist. Mit der endgültigen Leistungsablehnung des Versicherers enden, solange der Versicherer an ihr festhält, die Verhandlungen über eine Entschädigungsleistung, während derer der Versicherer auf Angaben eines redlichen Versicherungsnehmers angewiesen ist. Nur bis zu der Erklärung, die Leistung abzulehnen, besteht mithin die besondere Schutzbedürftigkeit des Versicherers, der im Versicherungsrecht mit der dem übrigen Schuldrecht unbekannten Sanktion der Leistungsfreiheit wegen schuldhaft begangener Obliegenheitsverletzungen Rechnung getragen werden darf … . Allerdings kann dieser Schutz für den Versicherer wieder aufleben, wenn er dem Versicherungsnehmer unmissverständlich … zu erkennen gibt, dass er an seiner Leistungsablehnung nicht festhalten, sondern erneut in die Prüfung der Leistungspflicht eintreten und dazu die Verhandlungen über die Schadenregulierung wieder aufnehmen wolle. Weiter muss der Versicherer dem Versicherungsnehmer in diesem Falle klar zu erkennen geben, inwieweit für ihn noch ein Aufklärungsbedürfnis besteht … .“
- Kommentar
Bezüglich der Auskunftspflichten ist zu beachten, dass diese immer wieder seitens der Versicherer überzogen werden und weit mehr Informationen und Dokumentationen abgefragt werden, als tatsächlich für eine Prüfung der Leistungspflicht erforderlich wäre. Hier ist zu beachten, dass die Mitwirkungspflicht des Patienten (Versicherungsnehmers) nur so weit reicht, wie die Auskünfte objektiv zu einer ordnungsgemäßen Prüfung der Leistungspflicht benötigt werden. Alles darüber Hinausgehende muss der Patient nicht offen legen. Wenn also zum Beispiel eine Erstattung für die Behandlung am Zahn 36 im Raum steht, hat die Versicherung keinen Anspruch auf die Herausgabe der gesamten Behandlungsdokumentation, nach deren Inhalt es auch beispielsweise um die Behandlung des Zahnes 12 geht. Der Patient hat das Recht, die Auskünfte zu begrenzen. Deswegen muss die Versicherung auch differenzieren, welche Auskünfte sie genau benötigt.
Es bleibt noch darauf hinzuweisen, dass auch der Zahnarzt zu einer Mitwirkung an der Prüfbarkeit für die Versicherung mitzuwirken hat. Der Patient verfügt nicht über alle Informationen, die gegebenenfalls gebraucht werden bzw. ist mit den Inhalten naturgemäß nicht so vertraut wie der Zahnarzt und seine Mitarbeiter. Also muss der Zahnarzt mit seinen Mitarbeitern bei der Auskunftserteilung durch den Patienten behilflich sein. Diese Verpflichtung ist eine Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag.
- Handlungsempfehlung
Das Auskunftsrecht der Versicherung besteht zunächst einmal grundsätzlich. Es ist aber stets eine Frage des Einzelfalles, wie viele und genau welche Informationen tatsächlich und objektiv erforderlich sind, um die Einstandspflicht der Versicherung zu prüfen. Alles, was über die benötigten Informationen hinausgeht, muss der Patient gegenüber der Versicherung auch nicht preisgeben. Gegebenenfalls muss aus fachlichen Gründen der Zahnarzt bei der Grenzziehung behilflich sein, weil viele Patienten die Informationen aus eigener Sachkenntnis heraus nicht filtern können.