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Urteil
Grenzen der Auskunftspflicht gegenüber Kostenträger
Der Versicherungsnehmer ist zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet. Er muss die benötigten Informationen beschaffen. Die Verpflichtung beschränkt sich aber ausschließlich auf die Informationen, welche objektiv zur Beurteilung benötigt werden. Alle darüber hinausgehenden Angaben muss der Patient nicht machen. Dies gebietet das im Grundgesetz geschützte informationelle Selbstbestimmungsrecht eines jeden Patienten.
Zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten kann der Kostenträger auch keine pauschale oder sehr weit gefasste Schweigepflichtentbindungserklärung von dem Patienten verlangen. Die Schweigepflichtentbindung muss vielmehr konkret und auf den jeweils zu prüfenden Sachverhalt beschränkt sein.
- Das Urteil
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 17.07.2013 (Az. 1 BvR 3167/08) klar und deutlich verlangt, dass das Auskunftsrecht des Kostenträgers zum Schutze des informationellen Selbstbestimmungsrechtes des Patienten auf das Maß eingeschränkt werden muss, wie es zur Schaffung einer hinreichenden Beurteilungsgrundlage genügt. Auf die Vermittlung von Daten über den Patienten, die mit dem konkreten Behandlungsfall nichts zu tun haben, hat der Kostenträger kein Recht.
In dem Fall, über den das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden hatte, ging es um eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Die vom Gericht festgestellten Grundsätze sind aber uneingeschränkt auf Krankenversicherungen übertragbar. Im Vordergrund steht das Recht des Betroffenen, über persönliche Daten alleine verfügen zu können. In dem konkreten Fall hatte die Versicherung verlangt, dass sie eine sehr weit gefasste Schweigepflichtentbindung von der Versicherungsnehmerin unterschrieben bekommt. Die Versicherungsnehmerin aber hatte sich geweigert, eine solche zu unterzeichnen. Daraufhin erklärte sie sich aber bereit, Einzelermächtigungen zur Schweigepflichtenbindung gegenüber ihrer Krankenkasse, bestimmter Ärzte und ihrer Rentenversicherung zu unterschreiben. Das Bundesverfassungsgericht stellte klar, dass es einer weiteren Einschränkung des Auskunftsrechts bedarf, nämlich auch auf den Inhalt der Auskünfte bezogen. Es soll schrittweise ermittelt werden, welche Informationen der Kostenträger tatsächlich benötigt.
Das Bundesverfassungsgericht formuliert:
„Die angegriffenen Entscheidungen lassen beim Ausgleich der sich gegenüberstehenden Grundrechtspositionen unberücksichtigt, dass es dem Schutz der Beschwerdeführerin möglicherweise erheblich dienen kann, die Beklagte aber nicht unverhältnismäßig belasten muss, wenn von ihr eine weitere Einschränkung der geforderten Einzelermächtigungen verlangt wird. Zwar kann der Umfang der Einzelermächtigungen dabei nicht vornherein schon auf die für die Prüfung des Leistungsanspruchs relevanten Informationen begrenzt werden, weil dem Versicherer zunächst selbst noch nicht bekannt ist, welche dies sind. Jedoch ließe sich in Betracht ziehen, die von den Einzelermächtigungen umfassten Informationen etwa zunächst auf solche weniger weitreichenden und persönlichkeitsrelevanten Vorinformationen zu beschränken, die ausreichen, um festzustellen, welche Informationen tatsächlich für die Prüfung des Leistungsfalls relevant sind. Eine zumindest grobe Konkretisierung der Auskunftsgegenstände könnte so den erheblichen Umfang der durch die Einzelermächtigungen zugänglichen, überschießenden Informationen begrenzen und damit dem Recht der Beschwerdeführerin auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung tragen. Die Verfahrenseffizienz würde durch eine solche Konkretisierung der Auskunftsgegenstände nur geringfügig beeinträchtigt.”
- Kommentar
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist ausdrücklich zu begrüßen. Es ist immer wieder zu beobachten, dass Kostenträger viel zu viele Informationen abfragen und Unterlagen verlangen und damit an Daten kommen, auf die sie in dem Zusammenhang keinen Anspruch haben.
- Handlungsempfehlung
Es ist zu empfehlen, die Informationen zu filtern und auf das zu beschränken, was tatsächlich zu konkreten Prüfung erforderlich ist. Soll zum Beispiel die Erstattung bezüglich des Zahnes 36 geprüft werden, reichen Angaben zu diesem Zahn. Über den Zahn 46 müssen dann keine Informationen weitergegeben werden, auch wenn sie in derselben Dokumentation enthalten sind.