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Urteil
Schmerzensgeld für Röntgen
- Das Urteil
Das Landgericht Detmold verneinte in seinem Urteil vom 18.06.2013 (Az. 1 O 230/12) einen Schmerzensgeldanspruch des Patienten gegen seinen Zahnarzt wegen dieser Röntgenmaßnahmen und erläuterte in den Entscheidungsgründen seine Auffassung:
„Ein Schmerzensgeldanspruch wegen vermeintlich medizinisch nicht indizierten Röntgens, mit dem der Beklagten gegen die Forderung hilfsweise die Aufrechnung erklärt hat (§§ 387 ff, 404 BGB), steht ihm bereits dem Grund nach nicht zu. Zwar hat der Sachverständige T in seinem Gutachten ausgeführt "eine schriftliche Indikationsstellung für diese umfangreiche Röntgenmaßnahme bzw. ein schriftlicher Befund der einzelnen Bilder fehlt" und aufgrund des fehlenden Einsatzes des R-Systems in der Praxis des Zeugen M "sei eine medizinische Indikation für die Erstellung eines DVTs a priori nicht gegeben", allerdings vermag dies - selbst bei unterstellter Richtigkeit dieser Feststellungen - einen Schmerzensgeldanspruch nicht zu begründen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte durch eine möglicherweise medizinisch nicht in dem Umfang indizierte Strahlenexposition i.S.d. § 223 StGB körperlich misshandelt oder an der Gesundheit beschädigt wurde. Aber auch wenn man das tatbestandliche Vorliegen einer Körperverletzung bejahen wollte, löst dies beim Beklagten keinen Schmerzensgeldanspruch gem. § 253 Abs. 2 BGB aus, da hier die Geringfügigkeitsschwelle nicht überschritten ist. Denn bei unbedeutenden Eingriffen entfällt der Anspruch auf Schmerzensgeld, wenn das Wohlbefinden des Verletzten nur kurzfristig und unerheblich beeinträchtigt wurde… . Substantiierter Vortrag des Beklagten zu den konkret empfundenen Beeinträchtigungen unter Beweisantritt fehlt. Das Vorbringen des Beklagten, er sei in ständiger Sorge, dass die Röntgenuntersuchung ihm geschadet habe, ist offenkundig eine pauschale, sachverhaltsangepasste Behauptung. In der mündlichen Verhandlung vermittelte der Beklagte keinen Eindruck ständiger Besorgtheit, sondern legte eher ein unreflektiertes Verhalten an den Tag.“
Zu dieser Billigkeitsgrenze hat sich der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 14.01.1992 (Az. VI ZR 120/91) wie folgt geäußert:
„Neben dieser grundsätzlichen Wertung ist jedoch auch der in § 847 BGB enthaltene Billigkeitsgrundsatz zu berücksichtigen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass für die Bemessung des Schmerzensgeldes auch dort, wo seine Ausgleichsfunktion gegenüber einer Genugtuung ganz im Vordergrund steht, ein Maßstab zur Bewertung des Ausgleichsbedürfnisses in Geld fehlt. Der Richter hat sich deshalb in erster Linie an der Bedeutung der konkreten Gesundheitsverletzung für die Lebensführung des Verletzten auszurichten. Dabei kann der Umstand nicht außer Acht gelassen werden, dass der Mensch, vor allem im Zusammenleben mit anderen, vielfältigen Beeinträchtigungen seiner Befindlichkeit ausgesetzt ist und daran gewöhnt wird, sich von ihnen möglichst nicht nachhaltig beeindrucken zu lassen. Wird diese Schwelle im konkreten Fall von der erlittenen Beeinträchtigung vornehmlich wegen ihres geringen, nur vorübergehenden Einflusses auf das Allgemeinbefinden nicht überschritten, dann kann es schon an einer Grundlage für die geldliche Bewertung eines Ausgleichsbedürfnisses fehlen.“
- Kommentar
Schmerzensgeld muss auch für relativ geringe Belastungen ausgeurteilt werden können. Wenn die Beeinträchtigung gering war, ist dies gerechtfertigt. Richtig ist daneben das Einhalten der Billigkeitsgrenze, um reiner Willkürlichkeit entgegenzuwirken und ein realistisches Maß zu halten.
- Handlungsempfehlung
Die allgemeinen Vorgaben für das Röntgen und den Strahlenschutz müssen streng eingehalten werden.
Dr. Susanna Zentai
Rechtsanwältin
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