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Wenn der Mindestlohn die Gehaltsspirale ankurbelt

  • 23. Juni 2025
  • Lesezeit: 6min
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Strategien für Zahnarztpraxen und Dentallabore zur Bewältigung der Lohnkostenexplosion




Die Diskussion um eine wahrscheinliche Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde mag für viele Betriebe abstrakt klingen – für Zahnarztpraxen und Dentallabore ist sie jedoch ein brandaktuelles und existenzbedrohendes Szenario. Eine Steigerung von den aktuellen 12,82 Euro auf 15,00 Euro bedeutet einen Sprung von rund 17,00 % (bezogen auf den Ausgangswert von 12,82 Euro bei einem direkten Vergleich zu 15,00 Euro). Diese unmittelbare Kostensteigerung bei den am niedrigsten entlohnten Mitarbeitern ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Die eigentliche Herausforderung für Zahnärzte, Praxismanager, Zahntechniker und Laborinhaber liegt in der unvermeidlichen Auswirkung auf die darüber liegenden Lohngruppen.

Der Druck auf die Gehaltsstruktur: Eine Kettenreaktion ist unvermeidlich

Steigt der Mindestlohn, so wird das Gehaltsgefüge komprimiert. Mitarbeiter, die bisher knapp über dem alten Mindestlohn lagen, könnten sich plötzlich auf Augenhöhe mit Fachkräften wiederfinden, die über Jahre hinweg Qualifikationen und Erfahrung gesammelt haben. Dieses "Nachrücken" schafft einen immensen Druck. Um Leistungsträger zu halten, deren Motivation zu bewahren und ihre Expertise weiterhin angemessen zu honorieren, müssen auch deren Gehälter angehoben werden. Eine ZFA mit langjähriger Erfahrung, ein spezialisierter Zahntechniker oder eine geschulte Praxis- oder Labormanagerin wird kaum akzeptieren, dass ihr Einkommen sich kaum noch vom Einstiegsgehalt ungelernter Kräfte unterscheidet oder nicht ebenfalls ansteigt. Die Folge: Eine Gehaltsspirale, die die Personalkosten über alle Hierarchieebenen signifikant in die Höhe treibt.

Eine Umsatz- und Ertragssteigerung von über 17 % kurzfristig zu realisieren, ist unter den gegebenen Marktbedingungen – Festzuschüsse, Patientenerwartungen, Wettbewerbsdruck – eine kaum umsetzbare Herausforderung. Es bedarf einer strategischen Neuausrichtung und einer präzisen Optimierung aller Einnahmequellen.

Strategien zur finanziellen Abfederung: Wo ansetzen?

Die Bewältigung dieser Herausforderung erfordert einen mehrdimensionalen Ansatz, der sowohl die Einnahmenseite als auch die Kostenseite und die Effizienz des Betriebs analysiert.

1. Prozessoptimierung und Digitalisierung: Das Fundament für Effizienz

Die Digitalisierung ist kein optionaler Luxus mehr, sondern eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit. Sie bietet das größte Potenzial, den gestiegenen Personalkosten entgegenzuwirken, ohne die Qualität zu beeinträchtigen.

  • Im Dentallabor: Der Einsatz von Intraoralscannern, CAD/CAM-Technologien und 3D-Druck ist hier nicht nur ein Qualitäts- und Ästhetikmerkmal, sondern ein Effizienzmotor. Prozesse, die früher zeitaufwendige manuelle Schritte erforderten, können automatisiert und beschleunigt werden. Die Umstellung von analog auf digital reduziert Materialverbrauch (z. B. Abformmaterial), minimiert Fehlerquellen und beschleunigt die Fertigungszeiten. Dies führt zu einer höheren Produktivität pro Mitarbeiter und ermöglicht es, bei gleichbleibendem Personalvolumen mehr Aufträge zu bearbeiten.

2. Die zahntechnische Abrechnung als Ertragshebel: Den Wert der Leistung erkennen und monetarisieren

Gerade im Bereich der zahntechnischen Abrechnung liegt oft ungenutztes Potenzial. Eine präzise und vollständige Abrechnung ist entscheidend, um die gestiegenen Kosten auszugleichen.

  • Differenzierung BEL II und BEB: Während das BEL II (Bundeseinheitliches Leistungsverzeichnis) für Kassenleistungen eine fixe Kalkulationsgrundlage bietet, bietet die BEB (Bundeseinheitliche Benennungsliste) für private Leistungen und Mehrleistungen die notwendige Flexibilität. Viele digitale Arbeitsschritte, die über die reine Basiskalkulation hinausgehen, können und müssen über die BEB korrekt und vollumfänglich abgerechnet werden. Dazu gehören beispielsweise:
    • Datenmanagement: Die Aufbereitung und Speicherung digitaler Scan-Daten, das Einpflegen in CAD-Software und die digitale Modellherstellung (wenn nicht physisch) sind aufwendige Prozesse.
    • Konstruktions- und Designleistungen (CAD): Die digitale Modellierung von Kronen, Brücken, Inlays, Prothesen oder Schienen ist eine hochqualifizierte Leistung, die deutlich über die reine Materialbearbeitung hinausgeht.
    • CAM-Fertigung: Der Fräs- oder Sinterprozess selbst – inklusive der Bereitstellung der Maschinen und der Werkzeuge – ist ein kalkulatorischer Faktor.
    • Materialaufschläge: Qualitativ hochwertige Materialien (z. B. Zirkonoxid, Hochleistungspolymere etc.) sind kostenintensiv und müssen transparent gemäß § 9 GOZ als Auslagen berechnet werden. Dieser Paragraf erlaubt die Weitergabe der tatsächlich entstandenen Laborkosten und fordert eine detaillierte Auflistung der Leistungen und Materialien.
  • Den „andersartigen Zahnersatz" gezielt nutzen: Bei komplexen Fällen, die über die Regelversorgung der GKV hinausgehen (z. B. implantatgetragener Zahnersatz), erfolgt die Abrechnung der zahnärztlichen Leistung vollständig nach GOZ und die zahntechnischen Leistungen nach BEB. Hier ist es entscheidend, den Patienten gegenüber den Mehrwert und die hohe Qualität dieser Lösungen transparent zu kommunizieren. Nur wer den individuellen Fall richtig einordnet und alle erbrachten Leistungen korrekt kalkuliert, kann den vollen Ertrag erzielen.

3. Strategisches Personalmanagement: Wertschätzung und Motivation

Trotz des Kostendrucks ist die Wertschätzung des Personals unerlässlich.

  • Transparente Kommunikation: Erklären Sie Ihren Mitarbeitern die wirtschaftliche Situation und die Notwendigkeit von Effizienzmaßnahmen. Offenheit schafft Verständnis.
  • Leistungsbezogene Anreize: Entwickeln Sie Modelle, die über das Grundgehalt hinausgehen und an die Performance des Teams oder individuelle Zielerreichungen gekoppelt sind (z. B. leistungsbezogene Bonuszahlungen, Umsatzbeteiligungen o. Ä.). Das kann die Motivation fördern, auch wenn die reinen Gehaltssteigerungen nicht unbegrenzt sein können.
  • Investition in Weiterbildung: Gut ausgebildete Mitarbeiter sind produktiver und können komplexere Aufgaben übernehmen, was wiederum die Effizienz steigert und die Bindung ans Unternehmen fördert.
  • Arbeitsklima und Benefits: Ein positives Arbeitsumfeld, flexible Arbeitszeiten oder zusätzliche (steueroptimierte) Sachleistungen können die Zufriedenheit und Loyalität der Mitarbeiter erheblich beeinflussen.

4. Kostenmanagement und Einkauf:

Neben der Personalkostenreduktion sind auch andere Kostenpunkte zu prüfen:

  • Materialeinkauf: Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Lieferantenkonditionen. Sind Mengenrabatte möglich? Gibt es Alternativen, die bei gleicher Qualität günstiger sind?
  • Betriebskosten: Analysieren Sie alle fixen und variablen Kosten. Können Energieverbrauch oder Wartungsverträge optimiert werden?

Fazit: Agieren statt Reagieren – eine Chance zur Neupositionierung

Die drohende Lohnkostensteigerung ist eine ernstzunehmende Herausforderung für Zahnarztpraxen und Dentallabore. Eine rein reaktive Haltung, die nur auf Lohnforderungen eingeht, wird die Betriebe schnell an ihre finanziellen Grenzen bringen. Vielmehr ist es eine Aufforderung, proaktiv zu handeln und das eigene Geschäftsmodell zu hinterfragen.

Der Schlüssel liegt in einer konsequenten Digitalisierung, einer präzisen und umfassenden Abrechnung aller erbrachten Leistungen (insbesondere im zahntechnischen Bereich über die BEB) sowie einem strategischen Kosten- und Personalmanagement. Wer den Wert seiner Arbeit kennt und diesen auch korrekt kalkuliert und abrechnet, kann die steigenden Personalkosten besser abfedern. Nutzen Sie Fortbildungsangebote, um Ihre Abrechnungskompetenz zu schärfen. Für detaillierte Einblicke und praktische Anleitungen zur optimalen Abrechnung digitaler und konventioneller Leistungen, insbesondere im Kontext von BEL und BEB, empfehlen wir spezialisierte Abrechnungsseminare. Sie bieten das notwendige Know-how, um die Potenziale Ihres Labors voll auszuschöpfen und auch in einem sich wandelnden Umfeld erfolgreich zu bleiben.





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