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Wann ist ein Frühkontakt der Okklusion ein Behandlungsfehler?

  • 17. Dezember 2021
  • Lesezeit: 4min
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Das Landgericht Wuppertal hatte sich mit der Klage einer Patientin zu befassen, die ihren Zahnarzt auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadenersatz sowie, dass der Zahnarzt auch zukünftige Schäden ersetzen muss.




Das Urteil

Im Ergebnis kam das Landgericht Wuppertal zu dem Schluss, dass die Tatsache alleine, dass ein Frühkontakt besteht, nicht ohne Weiteres auf eine fehlerbehaftete Behandlung hinweise. In seinen Entscheidungsgründen zu seinem Urteil vom 16.01.2018 (Az. 5 O 450/15) führt das Landgericht Wuppertal aus:

„Ein Behandlungsfehler des Beklagten ergibt sich auch nicht daraus, dass auf dem Zahn 45 zu Zahn 15 beim geführten Zusammenbiss ein leichter Frühkontakt und beim ungeführten Zusammenbiss ein deutlicher Frühkontakt besteht und die Mittellinie beim Schlussbiss um ca. 0,5 mm nach links verschoben ist […]. Denn der Frühkontakt kann jedenfalls problemlos im Rahmen von normalen Nacharbeiten eingeschliffen werden und auf diese Weise auch die ganz geringe Mittellinienverschiebung nach links behoben werden […].“



Das Gericht hat sich sachverständig beraten lassen. Danach kommt es darauf an, was für den Frühkontakt ursächlich ist.

„Ergänzend hat der Sachverständige dazu mündlich erläutert, dass die Frage der Behandlungsfehlerhaftigkeit des festgestellten Frühkontakts der Okklusion zwischen 15 und 45 davon abhängt, was die Ursache dieses Frühkontaktes ist. Grundsätzlich kann es immer zu Frühkontakten kommen, wenn ein Zahnersatz erstmalig eingegliedert wird. Erst wenn Frühkontakte ohne weitere zahnärztliche Eingliederungsmaßnahmen, wie Abschleifen und Beschleifen, belassen werden, wäre dies fehlerhaft. Hier lässt sich aber schon nicht sicher feststellen, wann genau dieser Frühkontakt bei der Klägerin entstanden ist. So ist es vorstellbar, dass bei einer primären Eingliederung der Prothetik ein Frühkontakt noch nicht besteht und dieser sich erst im weiteren Verlauf, etwa durch die Kauaktivität des Patienten, entwickelt. Daher lässt sich auch nicht feststellen, ob der Frühkontakt nicht erst nach Beendigung der Behandlung der Klägerin bei dem Beklagten Ende 2015 entstanden ist.“

Sabotiert der Patient die Behandlung oder macht er nicht in der erforderlichen Weise mit, kann dies nicht dem Zahnarzt angelastet werden, solange der Zahnarzt ordnungsgemäß aufgeklärt hat. Der ärztliche Standard bleibt in einem solchen Fall unberührt.

„Allerdings ist eine solche standardmäßige Vorgehensweise nach Einschätzung des Sachverständigen nur in ca. 95 % der Fälle erfolgreich. Die dann grundsätzlich noch mögliche Durchführung einer kinematischen Scharnierachsenbestimmung durch einen Spezialisten hat der Beklagte schon deshalb nicht behandlungsfehlerhaft unterlassen, weil diese Behandlungsmethode nicht dem ärztlichen Standard in einer zahnärztlichen Praxis entspricht. Vielmehr ist der Beklagte unter Einbeziehung der vom Sachverständigen durchgeführten Auswertung der Behandlungsunterlagen entsprechend dem ärztlichen Standard im notwendigen Umfang den Problematiken bei der Klägerin nachgegangen und hat entsprechende Nacharbeiten ausgeführt, auch wenn diese nicht zwingend zum Erfolg geführt haben. Dabei wurde die Arbeit des Beklagten nach Einschätzung des Sachverständigen auch dadurch erschwert, dass die Klägerin z.B. nicht allen therapeutischen Ratschlägen des Beklagten gefolgt ist und nach den Angaben in ihrer persönlichen Anhörung ihre Aufbissschiene selbst verändert hat.“

Kommentar

Während der Beweisaufnahme und der mündlichen Anhörung des Sachverständigen wurde festgestellt, dass die Behandlung dem zahnärztlichen Standard entsprach. Dennoch hat die Patientin den Zahnarzt verklagt und zahlreiche Vorwürfe erhoben.

Dabei hat sie selber nicht an dem Erreichen des Behandlungserfolges mitgewirkt. So hat sie therapeutische Empfehlungen des Zahnarztes bewusst missachtet und die Aufbissschiene selbst verändert.

Handlungsempfehlung

Bei Patienten, die nicht richtig mitwirken und die zahnmedizinischen Ratschläge unbeachtet lassen, ist Vorsicht geboten. Soweit man die Behandlung nicht abbrechen möchte, sollte die Aufklärung – auch die wiederholte – ausführlich dokumentiert werden. Gegebenfalls sollte die Aufklärung auch vor Zeugen wie eine anwesende Mitarbeiterin erfolgen.

Der Vorwurf von unbegründeten Behandlungsfehlern führt in der Regel nicht zum Erfolg. Die Gerichte lassen den Sachverhalt von Gutachtern überprüfen. Daneben sollte die Aufklärungsdokumentation wasserdicht sein.

Im Hinterkopf sollte immer präsent sein, dass – außer bei Schmerz- und Notfällen – ein Patient nicht behandelt werden muss. Dies gilt insbesondere, wenn es an einem hinreichenden Vertrauensverhältnis fehlt. Bei Missachtung von zahnärztlichen Ratschlägen durch Patienten kann von dem Fehlen eines gesunden Vertrauensverhältnisses ausgegangen werden.



Rechtsanwältin Dr. Susanna Zentai





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