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Leistungspflicht der Zahnzusatzversicherung

  • 22. November 2023
  • Lesezeit: 5min
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Viele gesetzlich Versicherte schließen seit Jahren gerne eine so genannte Zahnzusatzversicherung ab.




Für einen in der Regel eher geringen monatlichen Beitrag erhalten die Patienten dann für bestimmte zahnärztliche Leistungen wie zum Beispiel die in der gesetzlichen Versicherung nicht mitumfasste Implantologie Zusatzleistungen. Die Leistungspflicht der Zahnzusatzversicherung hängt zwingend davon ab, dass die Behandlung nicht bereits vor Abschluss des Versicherungsvertrages medizinisch not-wendig geworden ist. Mit anderen Worten: Schließt der Patient den Versicherungs-vertrag erst ab, nachdem ihm von seiner Praxis mitgeteilt worden ist, eine bestimmte Behandlungsmaßnahme sei nun medizinisch notwendig, wird die Zahnzusatzver-sicherung nicht zahlen müssen, da diese konkrete Leistung dann vorvertraglich ist. Erst für die in Zukunft notwendig werdenden Leistungen ist die Zahnzusatzversicherung dann zahlungspflichtig.

Das Urteil

Unabhängig von diesem zeitlichen Aspekt wird die Erstattungspflicht der Zahnzusatzversicherung mit dem Vorliegen der medizinischen Notwendigkeit ausgelöst. Diese medizinische Notwendigkeit muss nach Abschluss der neuen Versicherungsvertrages mit der Zahnzusatzversicherung entstanden sein. Die genaue Abgrenzung ist nicht immer ganz einfach, da naturgemäß ein Gebiss regelmäßig nicht schon vorbelastet und vorbehandelt ist.

Das Amtsgericht Weinheim hat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 30.11.2017 (Az. 1 C 24/16) einige wertvolle Abgrenzungsbeispiele gegeben. Kern des Rechtsstreits war der Umstand, dass eine Patientin nach einer zahnärztlichen Untersuchung damit rechnen musste, dass eine Neuüberkronung einiger Zähne notwendig wer-den würde. Der Sachverständige konnte dessen ungeachtet aber nicht zweifelsfrei feststellen, dass zu diesem Zeitpunkt auch schon die Notwendigkeit einer unmittelbaren Behandlung gegeben gewesen wäre.

Karies alleine macht keine unmittelbare Behandlung notwendig

Das Gericht führt in seiner Urteilsbegründung aus:

„Im vorliegenden Fall kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Ehefrau des Klägers aufgrund der im Jahr 2009 dokumentierten Untersuchungsbefunde zumindest mit einer grundsätzlichen Notwendigkeit der Neuüberkronung der Zähne 17 und 12 bis 23 habe rechnen müssen. Allerdings schränkt der Sachverständige auch ein, dass eine Notwendigkeit zur unmittelbaren Behandlung im Jahr 2009 nicht zweifelsfrei von ihm festgestellt werden könne. Der Sachverständige führt weiter bei seiner Anhörung aus, dass in der Krankenakte zwar eine Karies verzeichnet sei, eine entsprechende Kariesbehandlung jedoch nicht verzeichnet ist und aus den später aufgenommenen Röntgenbildern er auch keine Karies unter den Kronen habe feststellen können. …

Soweit ein Zahnarzt Karies in den Behandlungsunterlagen festhält, bedeutet dies nicht zwingend, dass diese Karies bereits behandlungsbedürftig sei, sondern der Arzt eben in Zukunft weiter prüfen müsse. Wann der Behandlungsbedarf akut wer-de hänge von verschiedenen weiteren Umständen ab.

Aufgrund der festgestellten insuffizienten Kronenränder ergebe sich zwar, dass im Jahr 2009 durchaus schon feststand, dass irgendwann mit einer Neuüberkronung gerechnet werden müsse. Eine Behandlung insoweit sei jedoch ebenfalls nicht er-folgt. Soweit der Zahnarzt mit einer Aufbissschiene eine Behandlung durchgeführt habe, betreffe diese lediglich die Kieferproblematik, habe jedoch keinen Bezug zu den insuffizient festgestellten Kronenrändern.

Hinsichtlich des Zahnes 17 habe lediglich eine Teilüberkronung vorgelegen, im Übrigen ein großvolumiger Aufbau, nachdem dieser Zahn auseinandergebrochen gewesen sei.

Soweit Röntgenbilder, die dem Sachverständigen zur Verfügung standen, mit der Indikation „neue Kronen“ gefertigt worden sind, liegen diese Bilder erst ab dem Jahr 2011 vor, mithin ebenfalls bereits nach Versicherungsbeginn.“

Auch insuffiziente Kronenränder führen nicht zwingend zur sofortigen Behandlungsbedürftigkeit.

„Die Insuffizienz der Kronenränder bedeutet lediglich, dass die Kronen im Randbereich ungenügend sind. Ob daraus sich eine unmittelbare Notwendigkeit einer Behandlung ergibt, steht allein aufgrund dieser Bezeichnung im Ergebnis nicht fest. Eine dringende Behandlungsbedürftigkeit ist auch in der Krankenakte der Ehefrau des Klägers nicht verzeichnet. Insoweit kommt der Sachverständige lediglich zu dem Ergebnis, dass die Ehefrau des Klägers mit der Notwendigkeit einer Neuüber-kronung habe rechnen müssen.“

Durch den Abschluss der ursprünglichen Behandlung, wodurch für den Zeitpunkt kein Behandlungsbedarf mehr gegeben war, wurde die medizinische Notwendigkeit der unmittelbaren Behandlung und damit eine Vorvertraglichkeit ausgeschlossen.

„Hieraus ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass im Jahr 2009 auch die Behandlung des Zahnes 17 mit dem großvolumigen Aufbau abgeschlossen war und hinsichtlich der übrigen streitigen Zähne eine medizinisch notwendige Neuüberkronung jedenfalls nicht nachgewiesen ist.“

Diese vorstehenden Ausführungen stehen im Zusammenhang mit der Feststellung, dass bei der Patientin ein umfangreiche Behandlung vorgenommen und abgeschlossen war und trotz der Karies und der insuffizienten Kronenränder eine sofortige Neuversorgung nicht unmittelbar geboten war und damit versicherungsrechtlich die Behandlung abgeschlossen gewesen ist. Dies ist Voraussetzung für die spätere Leistungspflicht der privaten Zahnzusatzversicherung.

Dies bestätigte das Amtsgericht Weinheim in seinem Urteil wie folgt:

„Folglich liegt ein neuer Versicherungsfall nach Beginn des Versicherungsschutzes vor, der die Beklagte zur entsprechenden vereinbarten Leistung verpflichtet.“

Kommentar

Selbstverständlich kommt es stets auf den jeweiligen Einzelfall an. Der Grundsatz aber ist immer gleich: Bei Abschluss einer neuen privaten Zahnzusatzversicherung wird für die Behandlungsmaßnahmen keine Erstattung vorgenommen, wenn sie bereits vor Vertragsschluss als medizinisch notwendig festgestellt wurden.

Handlungsempfehlung

Um den Erstattungsanspruch des Patienten gegenüber seiner privaten Zahnzusatzversicherung begründen zu können, muss anschaulich dargestellt werden, warum eine vorherige Umsetzung der Behandlungsmaßnahmen zeitlich nicht vorher geboten war und erst jetzt ein neuer Behandlungsfall medizinisch notwendig geworden und damit erstattungsfähig geworden ist.

Dr. Susanna Zentai
Rechtsanwältin
www.dental-und-medizinrecht.de





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