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Honorarentfall bei Nutzung der Prothese

  • 11. November 2022
  • Lesezeit: 4min
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Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Patienten und Zahnärzten über die Qualität der erbrachten zahnärztlichen Leistung. Häufig geht es dabei um prothetische Arbeiten.




Mängel an einer prothetischen Arbeit vermag der Patient meistens unmittelbar wahrnehmen. Zum Beispiel fehlende Passgenauigkeit oder eine unerwünschte Farbwahl kann der Patient selber beschreiben und seine Unzufriedenheit kundtun. Dass es zuvor zu einer Abnahme gekommen ist, spielt in der Regel später bei dem Beschwerdevorbringen keine Rolle mehr und wird von dem Patienten ignoriert. Beschwert sich der Patient, hat der Zahnarzt zunächst einmal ein Nachbesserungsrecht. Kann der Patient trotz Nachbesserung nicht zufriedengestellt werden, wird die Versorgung des Patienten von einem Sachverständigen objektiv beurteilt werden müssen.

Wenn nun Mängel an der zahnärztlichen Versorgung festgestellt werden, kann im schlimmsten Fall der Honoraranspruch des Zahnarztes entfallen. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn die Arbeit für den Patienten ohne jeden Nutzen ist, sie also völlig unbrauchbar ist.

Soweit der Patient jedoch trotzdem seine Zahnprothese in Gebrauch hat – sie also tatsächlich benutzt – kann trotz völliger Unbrauchbarkeit einer Prothese der Honoraranspruch des Zahnarztes bestehen bleiben.

Das Urteil

In einem vom Oberlandesgericht Dresden zu beurteilenden Fall, hatte der gerichtlich beauftragte Sachverständige festgestellt, dass die prothetische Arbeit zwar optisch unbefriedigend sein möge, diese allerdings trotzdem medizinisch-funktional sei und letztlich als „befriedigend“ anzusehen sei. Damit hat der Sachverständige klar die objektive Brauchbarkeit der Leistung mit nachvollziehbarer Begründung bejaht und bestätigt, dass die gewählte prothetische Versorgung trotz Mängeln ihren Zweck erfülle.

Die Patientin hatte bemängelt, die Ausgestaltung der Prothetik habe einen leichten Kronenüberstand an einer Stelle, wozu der Sachverständige aber feststellte, dass hierdurch keine Schäden, beispielsweise in Form von Karies verursacht worden seien.

Ferner rügte die Patientin den 1 mm starken Versatz an einem der Kronenränder und die Größenverhältnisse sowie die optisch unbefriedigende Farbgebung. All diese beurteilte der Sachverständige als unterhalb der Schwelle der völligen Unbrauchbarkeit liegende diverse Mängel.

Das Oberlandesgericht Dresden hat in seinem Beschluss vom 23.05.2018 (Az. 4 U 252/18) in seinen Entscheidungsgründen bezüglich der völligen Unbrauchbarkeit und des daraus möglicherweise resultierenden Honorarverlustes des Zahnarztes ausgeführt:

„Der auf die zahnprothetische Behandlung gerichtete Vertrag zwischen einem Patienten und einem Zahnarzt ist - auch wenn aus Sicht des Patienten zahnprothetische Leistungen durchaus erfolgsbezogen erscheinen - ein Dienstvertrag (vgl. § 630b BGB), zu dessen Hauptpflichten neben der zahnärztlichen Behandlung, der Diagnose und Therapie auch die Behandlungsaufklärung des Patienten sowie die sachgerechte Organisation des Behandlungsablaufes gehören… . Wie bei jedem Vertrag schuldet die Behandlerseite dem Patienten daneben auch die Einhaltung sämtlicher vertragstypischer Neben- und Schutzpflichten, bezogen auf die Rechtsgüter des Patienten. Verletzt ein Arzt eine oder mehrere seiner Pflichten aus dem Behandlungsvertrag, so kann der Patient als Gläubiger der aus dem Be-handlungsvertrag geschuldeten Pflichten Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen, sofern dem Arzt eine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, § 280 Abs. 1 BGB. Dies bedeutet, dass bei - wie hier behauptet - mangelhafter Leistung des Zahnarztes nicht automatisch ganz oder teilweise der Honoraranspruch entfällt. Vielmehr muss der Patient, wenn er Schadensersatz verlangen möchte, diesen beziffern und ggf. im Wege der Aufrechnungserklärung geltend machen. Ein Anspruch auf Honorarerlass bzw. ein Entfallen des Honoraranspruchs kommt dagegen nur dann in Betracht, wenn die prothetische Leistung völlig unbrauchbar ist… . Die völlige Unbrauchbarkeit der Leistung ist allerdings nur dann zu bejahen, wenn das Interesse des Patienten an der Leistung komplett weggefallen ist, was regelmäßig dann nicht der Fall ist, wenn der Patient die Leistungen tatsächlich und gleichwohl nutzt… .“

Kommentar

Besonderes Augenmerk muss bei dieser Entscheidung darauf gerichtet sein, dass das Oberlandesgericht Dresden bei dem zahnprothetischen Behandlungsvertrag von einem Dienstvertrag ausgeht. Andere Rechtsmeinungen und Urteile gehen bei der prothetischen Leistung von einem Werkvertrag aus. Diese Unterscheidung ist eine wichtige Weichenstellung, da im Rahmen des Werkvertrages der Erfolg der Leistung geschuldet wird und im Gegensatz dazu im Rahmen des Dienstvertrages nur die Leistungserbringung an sich. Selbstverständlich muss bei einer Dienst- leistung diese auch ordnungsgemäß erbracht werden. Sicher erfolgreich muss sie aber eben nicht sein. Dies ist im Zusammenhang mit einer Heilbehandlung naturgemäß nachvollziehbar und korrekt. Jeder Körper reagiert anders und jede Behandlungssituation ist individuell, so dass bei der Behandlung niemals ein „Erfolg“ versprochen werden kann und auch gar nicht will. Inwieweit das in Bezug auf die rein technische prothetische Arbeit ausdehnbar ist, sei an dieser Stelle dahingestellt.

Handlungsempfehlung

Ganz allgemein ist es ratsam, bei unzufriedenen Patienten – ob berechtigt oder unberechtigt – die Abnahme und alle relevanten Bemerkungen des Patienten und Geschehensabläufe gründlich zu dokumentieren. In einem möglichen Prozess kommt es in der Regel auf die Beweisbarkeit an und diese muss gründlich und möglichst lückenlos vorbereitet werden. Dies gilt sowohl für Honorarklagen als auch Haftungsverfahren.

Dr. Susanna Zentai
Rechtsanwältin
www.dental-und-medizinrecht.d





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