Gefälligkeitsleistungen und Falschabrechnung in der Zahnarztpraxis
- 12. Dezember 2025
- Lesezeit: 4min
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Edition Zahnarztpraxis mit Dentallabor
Risiken für Zahnärzte und Praxisteams.
Abrechnungsfehler sind kein Kavaliersdelikt
Doch wenn es um die Abrechnung geht, können schon scheinbar gut gemeinte Ausnahmen weitreichende Folgen haben. Sowohl für Zahnärzte als auch für das Praxisteam gilt: Falschabrechnung ist kein Kavaliersdelikt, sondern kann straf- und berufsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Was sind Gefälligkeitsleistungen in der Zahnmedizin?
Gefälligkeitsleistungen sind Behandlungen oder Abrechnungen, die nicht der tatsächlichen Leistungserbringung oder den Richtlinien entsprechen, sondern aus Gefälligkeit für Patienten, Freunde, Familienmitglieder oder Kollegen erfolgen. Typische Beispiele:
- „Schönrechnen“: Es wird eine höherwertige Leistung abgerechnet, als tatsächlich durchgeführt wurde.
- standardisierte Abrechnung, z. B. BEMA-Nr. sK, Mu, üZ zu jeder 01
- Leistungen, die privat vereinbart werden müssten, werden aus Kulanz als Kassenleistung deklariert (z. B. Erneuerung einer suffizienten Füllung aus ästhetischen Gründen).
Kurz gesagt: Alles, was nicht dokumentiert, zweifelsfrei durchgeführt, medizinisch indiziert oder korrekt nach BEMA/GOZ abgerechnet ist, gefährdet die Abrechnungssicherheit der Praxis.
Typische Abrechnungsfallen – Beispiele aus dem Praxisalltag
Viele Abrechnungsfehler in Zahnarztpraxen entstehen durch gut gemeinte Ausnahmen. Hier einige besonders häufige Konstellationen:
- Füllungen an überkronungsbedürftigen Zähnen
– etwa, wenn ein Zahn eigentlich überkronungsbedürftig ist, wird trotzdem eine Füllung gelegt und über BEMA abgerechnet. - Veneers als Kronen oder Teilkronen abgerechnet
– um einen Festzuschuss der GKV zu erhalten, obwohl Veneers nicht Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung sind. - Schienen werden als Aufbissschienen abgerechnet, obwohl sie eine andere medizinische Indikation haben (z. B. Funktionstherapie-Schienen, Medikamententräger oder Retainerschienen)
- Kronen aus rein ästhetischen Gründen
– kosmetisch motivierte Eingriffe werden als medizinisch notwendig dargestellt, um Zuschüsse zu erschließen. - Ästhetische Füllungen über BEMA
– z. B. als Lückenschluss im Frontzahnbereich, obwohl die Indikation rein kosmetisch ist. - Sonderkunststoff bei Schienen (BEL-Nr. 3822)
– wird wegen höherem Tragekomfort als Kassenleistung abgerechnet, obwohl ohne medizinische Indikation (z. B. Allergien) lediglich eine Komfortleistung vorliegt. - Reparaturen am Interimsersatz außerhalb der Abheilphase mit Festzuschuss (definitiver Zahnersatz indiziert)
- Endodontische Behandlungen außerhalb der Richtlinie
– insbesondere an Molaren: Die GKV-Richtlinie (Abschnitt B. III Nr. 9) erlaubt Wurzelkanalbehandlungen nur, wenn die Zahnreihe erhalten, eine Freiendsituation vermieden oder funktionstüchtiger Zahnersatz gesichert werden kann.br> Wird die endodontische Behandlung zu Lasten der GKV abgerechnet, obwohl diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, liegt eine Falschabrechnung vor.
Warum entstehen Gefälligkeitsleistungen so häufig?
Viele Abrechnungsfehler in der Zahnmedizin entstehen nicht aus böser Absicht, sondern, weil
- Richtlinien und Abrechnungsbestimmungen nicht immer bekannt sind,
- man dem Patienten etwas Gutes tun möchte, oder
- die Bereitschaft zur Aufklärung über außervertragliche Leistungen fehlt – oft aus Sorge, den Patienten zu verunsichern oder zu verlieren.
Das ist menschlich und verständlich. Umso wichtiger ist es, dass Praxisteams hier Sicherheit durch Wissen, klare Abläufe und gute Kommunikation gewinnen. Denn: ehrliche Aufklärung stärkt das Vertrauen der Patienten – und schützt die Praxis vor unnötigen Risiken.
Risiken von Falschabrechnung für Zahnärzte und Teams
Eine falsche Abrechnung in der Zahnarztpraxis kann schwerwiegende Folgen haben:
- strafrechtlich: Betrug nach § 263 StGB
- berufsrechtlich: standesrechtliche Verfahren bis hin zur Entziehung der Kassenzulassung
- wirtschaftlich: Rückforderungen durch KZVen, Wirtschaftlichkeitsprüfung durch Auffälligkeiten, Strafzahlungen
- Imageverlust: Schon der Verdacht auf Abrechnungsfehler kann das Vertrauen von Patienten und Mitarbeitern massiv erschüttern.
Abrechnungsfehler vermeiden: Tipps für die Zahnarztpraxis
- Transparente Dokumentation: Jede Leistung muss nachvollziehbar dokumentiert sein.
- Regelmäßige Fortbildung: Schulungen zu BEMA, GOZ und Abrechnungsrichtlinien für das gesamte Team.
- Praxisinterne Standards: festgelegte Abläufe im Umgang mit Abrechnungsfragen und Patientenwünschen.
- Patientenaufklärung: ehrliche Kommunikation über außervertragliche Leistungen – das schafft Vertrauen.
- Interne Kontrolle: regelmäßige Überprüfung von Abrechnungen zur Fehlerprävention
Fazit: Ehrliche Abrechnung schafft Vertrauen
Gefälligkeitsleistungen mögen auf den ersten Blick wie eine nette Geste erscheinen – in Wahrheit bergen sie jedoch erhebliche Gefahren für die gesamte Praxis. Eine ehrliche, korrekte Abrechnung ist nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern auch ein zentraler Bestandteil von Professionalität und Patientenvertrauen.
Wichtig ist: Viele Fehler entstehen nicht aus böser Absicht, sondern weil Richtlinien und Abrechnungsbestimmungen nicht immer präsent sind, weil man glaubt, dem Patienten einen Gefallen zu tun oder weil die Aufklärung über außervertragliche Leistungen fehlt.
Gerade deshalb lohnt es sich, in Fortbildung, klare Strukturen und eine wertschätzende Patientenkommunikation zu investieren. Ein klares Nein zu Gefälligkeiten schützt nicht nur den Praxisinhaber, sondern auch das Team – und stärkt langfristig das Vertrauen der Patienten in eine transparente, faire Versorgung.







