Die abweichende Vereinbarung
- 11. Oktober 2024
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Die aktuelle Gebührenordnung für Zahnärzte ist aus dem Jahr 2012 und es hat seitdem keine Erhöhung gegeben. Steigende Kosten durch z. B. Inflation, höhere Personal- und Energiekosten werden nicht berücksichtigt.
In der GOZ ist für jede Position ein Basisbetrag zur Kalkulation hinterlegt. Dieser Basisbetrag (Punktwert) wird je nach Zeitaufwand und Schwierigkeitsgrad einer Behandlung mit dem 1,0-fachen bis 3,5-fachen Faktor multipliziert. Der 2,3-fache Faktor stellt hier den durchschnittlichen Behandlungsaufwand ohne besondere Komplikationen dar.
Für schwierigere Behandlungen kann der Faktor bis zum 3,5-fachen Satz gesteigert werden, es ist dann auf der Rechnung eine Begründung für die Steigerung anzugeben. Wie verhält es sich nun aber, wenn auch der 3,5-fache Faktor die Schwierigkeit und den Zeitaufwand für die Behandlungsmaßnahmen nicht annährend abbildet?
Dies ist im § 2 Abs. 1 und 2 der GOZ geregelt:
§ 2 Abs. 1 und 2 GOZ
(1) Durch Vereinbarung zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem kann eine von dieser Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden. Die Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl (§ 5 Absatz 1 Satz 2) oder eines abweichenden Punktwertes (§ 5 Absatz 1 Satz 3) ist nicht zulässig. Notfall- und akute Schmerzbehandlungen dürfen nicht von einer Vereinbarung nach Satz 1 abhängig gemacht werden.
(2) Eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 ist nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung des Zahnarztes schriftlich zu treffen. Dieses muss neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem vereinbarten Steigerungssatz und dem sich daraus ergebenden Betrag auch die Feststellung enthalten, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten. Der Zahnarzt hat dem Zahlungspflichtigen einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen.
Bedeutet für die Praxis:
- Sobald der 3,5-fache Faktor überschritten wird, ist eine schriftliche Vereinbarung zwingend vorgegeben. Diese muss folgendes enthalten:
a. GOZ-Nummer und Bezeichnung der Leistung
b. den vereinbarten Steigerungssatz
c. den sich daraus ergebenden Betrag, bedeutet, den expliziten Betrag der Leistung, der über dem 3,5-fachen Faktor liegt
d. den Hinweis, dass eine Vergütung durch Erstattungsstellen in der Regel nicht gewährleistet ist - Die Vereinbarung muss dem Patienten ausgehändigt werden
- Die Vereinbarung muss vor Behandlungsbeginn erfolgen
- Eine Schmerzbehandlung darf nicht von einer abweichenden Vereinbarung abhängig gemacht werden
Aus zeitlichen Gründen ist es in vielen Praxen leider üblich, dass für Vereinbarungen Vordrucke genutzt werden, auf denen händisch pauschale Beträge für Behandlungsmaßnahmen eingetragen werden. Solche Vereinbarungen sind nicht zulässig.
Der Patient hat einen rechtlichen Anspruch auf eine individuelle Vereinbarung, die den genauen Betrag, der durch den erhöhten Steigerungsfaktor entsteht, enthält.
Erstellen Sie in den gängigen PVS (Praxisverwaltungssystemen) einen Kostenvoranschlag und erhöhen den Faktor über dem 3,5-fachen Satz, so können Sie dort automatisch eine Vereinbarung nach im § 2 Abs. 1 und 2 mit allen notwendigen Informationen mit ausdrucken.
Liegt diese Vereinbarung nicht vor Behandlungsbeginn unterschrieben vor, ist der Patient nicht zur Zahlung der Leistung verpflichtet.
Des Weiteren hält sich leider hartnäckig das Gerücht, dass die Begründungspflicht für den erhöhten Steigerungsfaktor bei Leistungen >3,5 entfällt. Häufig sehe ich deswegen in den Zahnarztpraxen Rechnungen mit der Begründung: laut Vereinbarung. Dies ist aber so leider nicht korrekt, denn die Begründungspflicht entfällt ab >3,5, jedoch nicht für die Spanne von 2,3 – 3,5.
Erhält der Patient nun beispielsweise eine Rechnung über eine Professionelle Zahnreinigung mit dem Faktor 4,0 und der Begründung laut Vereinbarung, erhält er von seiner Erstattungsstelle nur eine Erstattung bis zum 2,3-fachen Faktor und muss den Restbetrag selbst tragen, obwohl er mit entsprechender Begründung eine Erstattung bis zum 3,5-fachen Faktor hätte erzielen können.
Abschließend ist zu erwähnen, dass keinesfalls auf das Honorar für aufwendige Behandlungsmaßnahmen verzichtet werden sollte, nur weil vor der Patientenaufklärung und Erstellung einer individuellen abweichenden Vereinbarung zurückgeschreckt wird. Dies ist in der Regel im PVS sehr einfach und kann in einem kurzen gemeinsamen Workshop vom gesamten Team erlernt werden.
Die schlechte Honorierung durch die GOZ macht eine Abweichende Vereinbarung notwendig und dies ist in vielen Praxen bereits gang und gäbe.
Einige Anbieter für Zusatzversicherungen haben bereits reagiert und bieten Tarife an, die bis zum Faktor 5,0 erstatten.