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BGH: Grundsätzliches zu jameda

  • 8. April 2022
  • Lesezeit: 7min
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 15.02.2022 (Az. VI ZR 692/20) Grundsätzliches zu der Darstellung und der Bewertung auf der Internetplattform jameda festgestellt.




Geklagt hatte eine Ärztin, die sich ganz allgemein gegen die Aufnahme und Darstellung ihrer Daten bei jameda gewährt hat. Der Hauptantrag ihrer Klage gegen jameda (Beklagte) zielte auf die Löschung ihrer Daten, da sie zu keiner Zeit eine Einwilligung für die Verwendung ihrer Daten gegeben hatte und auch keine wünschte.

Im Folgenden werden die wesentlichen Aspekte unter Bezugnahme auf die Urteilsbegründung des BGH dargestellt.

Das Urteil

Ungleiche Darstellung von Premium-Kunden und nicht zahlenden Ärzten/Zahnärzten

Nach der Auffassung des BGH ist es nicht zu beanstanden, dass Premium-Kunden mit einem persönlichen Foto abgebildet werden, während nicht zahlende jameda-Kunden lediglich mit einem Schattenumriss dargestellt werden. Zwar gibt der BGH einen klaren Vorteil der Premium-Kunden zu, da sie sich optisch von den anderen absetzen können. Der BGH hält den Gesamteindruck dennoch für nicht so entscheidend bezüglich der Wirkung auf die das Portal aufsuchende Patienten, da die Notengebung und Bewertung durch die anderen Patienten eine wichtigere Ein-flussnahme auf den Betrachter nehme.

„Die Revision stellt zutreffend fest, dass zahlende Kunden gegenüber der Klägerin einen Vorteil haben, da zwischen dem Basis- und dem Premium-Profil ein erhebliches optisches Gefälle besteht. Nur Premiumkunden sind berechtigt, ein Bild von sich und ihrer Praxis einzustellen. Die Beklagte verschafft ihren zahlenden Kunden also die Möglichkeit, sich optisch von den Basiskunden abzusetzen.

Allerdings besteht … im Hinblick auf Premium-Profile einerseits und Basis-Profile andererseits kein allgemeines Gleichbehandlungsgebot. Die Nachteile eines Basis-Profils gegenüber einem Premium-Profil sind nicht so gewichtig, als dass sie im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung zu einem Überwiegen der Interessen der Klägerin führen würden… . Dem steht nicht entgegen, dass ein potentieller Patient, der die Profile von konkurrierenden zahlenden und nichtzahlenden Ärzten vergleicht, den Eindruck gewinnen mag, der nichtzahlende Arzt mache sich keine Gedanken um seine Außenwirkung, und damit die Vorstellung verbindet, ein Premiumkunde sei seinen nichtzahlenden Konkurrenten in Bezug auf das Marketing überlegen. Entscheidend ist, dass das Fehlen eines Bildes auf dem Basis-Profil aus Sicht eines durchschnittlichen Nutzers keinen Schluss darauf zulässt, der Be-treffende sei als Arzt weniger qualifiziert als der Inhaber eines Premium-Profils mit Bild. Auch lässt sich der Grund für die unterschiedliche Bebilderung der Profile dem Portal der Beklagten angesichts der Kennzeichnung der nichtzahlenden Profile mit "Nur jameda-Kunden können ein Profilbild hinterlegen" hinreichend deutlich entnehmen. Die Gefahr, dass sich potentielle Patienten bei einem Vergleich der bei-den Profile angesichts des nur auf dem Premium-Profil vorhandenen Bildes eher für eine Behandlung durch den Inhaber eines Premium-Profils entscheiden, er-scheint gering, denn im Vordergrund des Interesses passiver Nutzer stehen schon nach der Konzeption des Portals der Beklagten regelmäßig die von der Art des Profils unabhängigen Patientenbewertungen, insbesondere die Noten… .“

Auch die den Premium-Kunden durch jameda gewährte bessere Auffindbarkeit bei Google stellt nach Auffassung des BGH keine ungerechtfertigte Besserstellung der Premium-Kunden durch jameda dar:

„Dem Umstand, dass die Beklagte zu einer besseren Auffindbarkeit von Premiummitgliedern bei der Suchmaschine Google beiträgt, kommt kein entscheidendes Gewicht zu.

Zwar bietet die Beklagte zahlenden Ärzten damit Vorteile, die sie nichtzahlenden Ärzten nicht gewährt. Die Beklagte ist aber - wie gezeigt - nicht verpflichtet, zahlen-de und nichtzahlende Ärzte gleich zu behandeln. Der Umstand einer besseren Auffindbarkeit von zahlenden Ärzten bei Google ist von der Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Klägerin völlig unabhängig. Hierbei handelt es sich um eine zusätzliche entgeltliche Serviceleistung der Beklagten.

Soweit die Revision der Ansicht ist, es sei die Entscheidung des einzelnen Arztes, wie er sich im Internet präsentiere und ob er dieses Medium für Werbezwecke nutzen wolle, weshalb es in der Hand der Klägerin liege, nur unter der Adresse ihrer Homepage im Internet gefunden zu werden und dort eine Kommentarfunktion ein-zurichten, berücksichtigt sie nicht, dass der Einzelne auch nach Art. 7 und Art. 8 GRCh keinen Anspruch darauf hat, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu wer-den, wie er sich selbst sieht oder von anderen gesehen werden möchte… .“

Die Klägerin, die ganz grundsätzlich nicht bei jameda aufgeführt werden wollte, argumentierte in dem Prozess unter anderem damit, dass sie – bei Darstellung bei jameda – nahezu täglich den Inhalt der Plattform kontrollieren müsse, um rechtzeitig unangebrachten negativen Bewertungen wirksam entgegentreten zu können. Hier-zu führte der BGH aus:

„Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei zu einer täglichen Kontrolle ihrer Bewertungen gezwungen, wenn sie sich gegen unberechtigte Kommentare zu Wehr setzen wolle, trifft dies zu und beeinträchtigt ihre Interessen, führt jedoch nicht dazu, dass die Interessen der Klägerin die der Beklagten und Dritter überwiegen. Aufgrund der Wirkungen, die ihre berufliche Tätigkeit für andere hat, muss sich die Klägerin von vornherein auf die Beobachtung ihres Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit und auf Kritik an ihren Leistungen einstellen. Dies gilt gerade bei der Klägerin als freiberuflich tätiger Ärztin, die ihre Leistungen in Konkurrenz zu anderen Ärzten anbietet… . Kritik an ihrer beruflichen Leistung sind angesichts der Ausgestaltung des Portals der Beklagten im Übrigen sowohl zahlende als auch nicht-zahlende Ärzte ausgesetzt.“

Ferner brachte die Klägerin als Argument gegen die „zwangsweise“ Darstellung bei jameda vor, die Aussagekraft der Bewertung sei wegen ihrer in der Regel subjektiven Färbungen nur eingeschränkt verwertbar. Darüber hinaus könne sich ein Patient als medizinischer Laie nicht in einem realistischen medizinischen Zusammen-hang äußern. Hierzu äußert sich der BGH wie folgt:

„Die Revision macht geltend, die Aussagekraft der Kommentare in den Bewertungen sei beschränkt, da diese subjektiv gefärbt seien; bleibe der Heilungserfolg aus, äußere sich der Patient kaum lobend über den Arzt. Dem Patienten als medizinischem Laien fehle die Einsicht in die medizinischen Zusammenhänge einer Behandlung.

Ein Überwiegen ihrer Interessen kann die Klägerin mit diesem Umstand nicht begründen. Der Senat hat hierzu bereits ausgeführt, dass unabhängig von der subjektiven Färbung der Berichte und den typischerweise fehlenden medizinischen Fachkenntnissen der Rezensenten Erfahrungsberichte von Patienten eine sinnvolle Ergänzung der bisherigen Informationsquellen darstellen. Die subjektive Einschätzung, die in den Bewertungen zum Ausdruck kommt, kann anderen Personen Hilfestellung bei der Entscheidung geben, welcher Arzt - insbesondere bezüglich der äußeren Umstände der Behandlung wie etwa der Praxisorganisation - den Anforderungen für die gewünschte Behandlung und auch den persönlichen Präferenzen am besten entspricht… .“

Als weiteren Punkt bemängelt die Klägerin das Notensystem bei der Bewertung durch die Patienten. Dieses sei anfällig für Verzerrungen und damit ebenfalls nur bedingt brauchbar für eine wirkliche Einschätzungsgrundlage durch den Betrachter. Auch dieses Argument kommentiert der BGH:

„Soweit die Revision anführt, dass das Notensystem der Beklagten zu Verzerrungen führe, da bei einem Berufsanfänger eine einzelne schlechte Bewertung umgehend zum Absinken des Notenschnitts führe, während ein renommierter Arzt, der mehrere Bewertungen aufweise, sich eher einen Ausrutscher leisten könne, weshalb die Aussagekraft des Notensystems beschränkt sei, folgt auch hieraus nicht, dass die Interessen der Klägerin überwögen. Aus dem von der Revision in Bezug genommenen Screenshot ergibt sich, dass im Portal der Beklagten die Anzahl der abgegebenen Bewertungen, die zu dem er-rechneten Notenschnitt führen, angegeben ist. Damit ist für Dritte transparent, ob sich ein einzelner unzufriedener Patient geäußert hat oder ob eine Vielzahl von Patienten zu der Note beigetragen haben. Es liegt in der Natur der Sache, dass bereits länger praktizierende Ärzte einen größeren Patientenkreis mit guten oder schlechten Erfahrungen aufweisen als Berufsanfänger. Eine Verzerrung der Bewertungen folgt daraus nicht.“

Kommentar

Die Entscheidungsbegründung durch den BGH ist transparent und geht auf die einzelnen Argumente der betroffenen klagenden Ärztin ein. Dennoch bleibt es nachvollziehbar, wenn ein Arzt/Zahnarzt ganz persönlich sich nicht freiwillig an einer Darstellung auf jameda beteiligen möchte. Ein Recht auf Nicht-Darstellung bleibt nichtsdestotrotz vor dem Hintergrund der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH kaum durchsetzbar. Es bleibt abzuwarten, ob es in Zukunft zu dieser Frage eine weiterführende Klärung durch das Bundesverfassungsgericht geben wird.

Handlungsempfehlung

Jeder einzelne Arzt/Zahnarzt muss die persönliche Entscheidung treffen, ob er sich als Premium-Kunde registrieren lassen möchte oder nicht und damit einen finanziellen Preis für eine besser Darstellung und Optimierung bei Google zahlen möchte oder nicht.

Dr. Susanna Zentai
Rechtsanwältin
www.dental-und-medizinrecht.de





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