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Befreiung vom Notfalldienst

  • 10. Januar 2022
  • Lesezeit: 4min
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Eine Befreiung vom zahnärztlichen Notfalldienst ist grundsätzlich möglich. Jeder zum Notfalldienst verpflichtete Zahnarzt kann auf Antrag ganz, teilweise oder vorübergehend aus schwerwiegenden Gründen befreit werden.




Rechtsgrundlage in Nordrhein-Westfalen ist § 6 der Notfalldienstordnung der Zahnärztekammer Nordrhein - NDO - (Anlage 2 zur Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein vom 26. November 2005 - BO -) i. V. m. § 8 BO. § 8 BO sieht vor, dass derjenige, der an der zahnärztlichen Versorgung teilnimmt, grundsätzlich verpflichtet ist, am Notfalldienst teilzunehmen und überlässt die weiteren Regelungen der Notfalldienstordnung. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 NDO kann jeder zur Teilnahme am Notfalldienst verpflichtete Zahnarzt auf Antrag ganz, teilweise oder vorübergehend aus schwerwiegenden Gründen befreit werden. Schwerwiegende Gründe bei körperlicher Behinderung, bei besonders belastenden Pflichten und bei Teilnahme an einem klinischen zahnärztlichen Bereitschaftsdienst liegen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 NDO dann vor, wenn unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Teilnahme unzumutbar ist.

Das Urteil

In einem Klageverfahren beantragte eine Zahnärztin die dauerhafte Befreiung vom Notfalldienst. Zuvor war sie wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nach einem Überfall mit versuchter Vergewaltigung im Notfalldienst bereits mehrmals befreit worden. Eine dauerhafte Befreiung wurde allerdings abgelehnt, wogegen die Zahnärztin ein Klageverfahren anstrengte. Auch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen versagte der Zahnärztin eine dauerhafte Befreiung. In den Gründen für den Beschluss vom 14.07.2017 (Az. 13 A 2528/16) wird ausgeführt:

„In der Senatsrechtsprechung, […] ist geklärt, dass die (Zahn-)Ärztekammer bei ihrer Ermessensentscheidung die wirtschaftliche Zumutbarkeit einer Vertreterbestellung berücksichtigen darf, insbesondere insoweit auch die Erwägungen des Bundessozialgerichts, […] entsprechend heranziehen können. Geklärt ist damit zudem, dass die Pflicht zur Teilnahme dauerhaft durch einen anderen (Zahn-)arzt als Vertreter erfüllt werden kann, es sich mithin nicht um eine höchstpersönlich zu erfüllende Verpflichtung handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hat ein Kassenarzt den Notfalldienst, der für ihn auch eine Entlastung darstellt, zumindest so lange gleichwertig mitzutragen, wie er in vollem Umfange kassenärztlich tätig ist. Es sei nicht geboten, einzelne Kassenärzte zu Lasten ihrer Kollegen von kassenärztlichen Pflichten freizustellen, wenn sie im Übrigen ihrer beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt nachgingen, also die wirtschaftlichen Möglichkeiten des freien Berufes voll nutzten und deshalb wirtschaftlich nicht schlechter, eventuell sogar besser gestellt seien als ihre Kollegen, auf deren Kosten sie die Freistellung begehrten. Es sei daher mit den Grundsätzen des Kassenarztrechts vereinbar, wenn die Freistellung von der gemeinsamen Aufgabe des Notfalldienstes nicht allein von den gesundheitlichen Verhältnissen des Kassenarztes, sondern auch davon abhängig gemacht werde, ob die gesundheitlichen Verhältnisse sich nachteilig auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Arztes auswirkten und ihm aufgrund seiner Einkommensverhältnisse (des Honorarumsatzes) nicht mehr zugemutet werden könne, den Notfalldienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen.

Einer Übertragung dieser Erwägungen stehen die Regelungen des Heilberufsgesetzes nicht entgegen. Nach § 30 Nr. 2 HeilBerG NRW haben die Kammerangehörigen, die ihren Beruf ausüben, grundsätzlich die Pflicht am Notfalldienst teilzunehmen, wenn sie - wie die Klägerin - ambulant ärztlich oder zahnärztlich tätig sind. Die Ausgestaltung des Notfalldienstes obliegt den Kammern (vgl. § 31 Abs. 1 HeilBerG NRW). Gemäß § 31 Abs. 2 Satz 3 HeilBerG NRW kann die Notfalldienstordnung Ausnahmetatbestände von der Teilnahmeverpflichtung für bestimmte Fallgruppen und Teilnahmebefreiungen, insbesondere wegen körperlicher Behinderungen oder besonders belastender familiärer Pflichten sowie wegen Teilnahme an einem klinischen Bereitschaftsdienst mit Notfallversorgung vorsehen. Teilnahmebefreiungen können die Kammern auf Antrag ganz, teilweise oder vorübergehend erteilen (Satz 4). Angesichts des den Kammern danach eingeräumten weiten Gestaltungs- und Ermessensspielraums und des Umstandes, dass sich eine Befreiung stets zu Lasten anderer zum Notfalldienst verpflichteter (Zahn-)Ärzte auswirkt, begegnet die Berücksichtigung wirtschaftlicher Erwägungen auf der Ermessensseite auch mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG keinen Bedenken.

Dies zugrunde gelegt, ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass das der Beklagten eingeräumte Ermessen dahin gehend reduziert wäre, der Klägerin, die in ihrer Praxis uneingeschränkt zahnärztlich tätig ist, dauerhaft vom zahnärztlichen Notfalldienst zu befreien. Es ist weder dargetan noch sonst wie ersichtlich, dass die Klägerin, sollte sie nicht in der Lage sein, den Notfalldienst persönlich zu leisten, weder ihre angestellten Zahnärzte mit der Ableistung des Notfalldienstes betrauen könnte, noch aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage wäre, einen externen Vertreter zu bestellen.“

Kommentar

Beschäftigt ein Zahnarzt oder eine Zahnärztin angestellte Zahnärzte, kann die dauerhafte Befreiung vom zahnärztlichen Notdienst unter Hinweis darauf versagt werden, dass ein anderer aus dem Team den Notdienst übernehmen kann. Auch die Möglichkeit, eine Vertretung für den Notdienst zu engagieren kann einer Befreiung entgegenstehen.

Handlungsempfehlung

Letztlich wird es am jeweiligen Einzelfall entschieden werden müssen, ob eine zeitweise oder auch dauerhafte Befreiung gewährt wird.

Rechtsanwältin Dr. Susanna Zentai





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