Ausnahmeindikationen für implantologische Leistungen
- 22. Mai 2025
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In besonders schweren Fällen, in denen eine konventionelle Versorgung mittels herausnehmbaren Zahnersatzes nicht möglich ist, ist eine implantologische Versorgung im Rahmen der Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGBV zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung möglich.
Doch wie verhält es sich mit der Einordnung und korrekten Beantragung solcher Fälle?
Rechtliches (Auszug aus der Behandlungsrichtlinie der gesetzlichen Krankenversicherung VII.)
Der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen legt in Richtlinien gem. § 92 Abs. 1 SGB V die seltenen Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle fest, in denen der Anspruch auf implantologische Leistungen einschließlich der Epithesen und/oder der Suprakonstruktionen (implantatgetragener Zahnersatz) im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V als Sachleistung besteht. Der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen folgt dabei den Intentionen des Gesetzgebers, dass Versicherte nur in zwingend notwendigen Ausnahmefällen diese Leistungen erhalten.
- Ausnahmeindikationen für Implantate und Suprakonstruktionen1 im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V liegen in den in Satz 4 aufgeführten besonders schweren Fällen vor. Bei Vorliegen dieser Ausnahmeindikationen besteht Anspruch auf Implantate zur Abstützung von Zahnersatz als Sachleistung nur dann, wenn eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist. In den Fällen von Satz 4 Buchstaben a) bis c) gilt dies nur dann, wenn das rekonstruierte Prothesenlager durch einen schleimhautgelagerten Zahnersatz nicht belastbar ist.
Besonders schwere Fälle liegen vor
a) bei größeren Kiefer- oder Gesichtsdefekten, die ihre Ursache
- in Tumoroperationen,
- in Entzündungen des Kiefers,
- in Operationen infolge großer Zysten (z. B. große follikuläre Zysten oder Keratozysten),
- in Operationen infolge von Osteopathien, sofern keine Kontraindikation für eine Implantatversorgung vorliegt,
- in angeborenen Fehlbildungen des Kiefers (Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten, ektodermale Dysplasien) oder
- in Unfällen haben,
b) bei dauerhaft bestehender extremer Xerostomie, insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung,
c) bei generalisierter genetischer Nichtanlage von Zähnen und
d) bei nicht willentlich beeinflussbaren muskulären Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (z. B. Spastiken).
Siehe auch:
Rundschreiben der KZBV zur Verabschiedung eines Ausnahmekataloges für implantologische Leistungen
Definition „generalisierte Nichtanlage“:
Eine generalisierte Nichtanlage von Zähnen liegt dann vor, wenn die Mehrzahl der Zähne in einem Kiefer fehlt. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Ausnahmeindikation ist daher für jeden Kiefer einzeln zu bestimmen. Fehlen z. B. nur einzelne Zähne in einem Kiefer, da diese nicht angelegt sind, so liegt keine Ausnahmeindikation gem. § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V vor.
Bei extraoralen, im Gesichtsbereich liegenden Defekten, die nach Tumoroperationen, Unfällen oder aufgrund genetisch bedingter Nichtanlagen entstanden sind, steht die operative Schließung der Defekte im Vordergrund. Wenn eine rein operative Rehabilitation nicht realisierbar ist und alternative Fixierungsmöglichkeiten für Epithesen zum Defektverschluss nicht in Frage kommen, wird die Verankerung von Epithesen mittels Implantaten empfohlen.
Im Rahmen einer Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V ist es möglich, implantologische Leistungen, einschließlich der Suprakonstruktion, als Sachleistung zu erbringen. Das bedeutet, dass diese Leistungen nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) oder der Privat-Gebührenordnung für Ärzte (Privat-GOÄ) im Zuge einer umfassenden medizinischen Behandlung von einer gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden können.
Bei der Beantragung ist es ratsam, auf dem privaten Heil- und Kostenplan anzugeben, dass es sich um eine Beantragung im Rahmen der Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V handelt. Zudem sind die Unterlagen für die gesetzliche Krankenversicherung einfacher zu bearbeiten, wenn eine kurze schriftliche medizinische Begründung über die vorliegende Voraussetzung für die Ausnahmeindikation hinzugelegt wird. Auch Fremdbefundunterlagen (z. B. über eine vorliegende Xerostomie, Tumorerkrankungen und/oder bereits durchgeführte Operationen) sollen unbedingt zur besseren Beurteilung hinzugelegt werden. Es empfiehlt sich zudem, diese aus forensischen Gründen in der Patientenakte (digital oder analog) zu verwahren.
Liegen die beschreibenden Unterlagen nicht vor, werden die Fälle von den Krankenkassen häufig falsch eingeordnet und mit der Begründung, dass Implantate nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden können, zurückgeschickt.
Bei korrekter Einordnung der Fälle lässt die Krankenkasse diese zahnärztlich begutachten, um festzustellen, ob eine Ausnahmeindikation gemäß den Regelungen vorliegt. Sowohl der Zahnarzt als auch die Krankenkasse haben die Möglichkeit, eine Überprüfung des Gutachtens durch einen Obergutachter bei der KZBV zu beantragen.
Die Gutachter und Obergutachter müssen Zahnärzte mit implantologischer Erfahrung sein, die von der KZBV in Abstimmung mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen ausgewählt werden.
Die Abrechnung der implantologischen Maßnahmen als Sachleistung erfolgt dann entweder per Privatrechnung und vom Patienten unterschriebener Abtretungserklärung direkt mit der Krankenkasse oder per Privatrechnung an den Patienten. Dieser kann sich dann den Rechnungsbetrag von der Krankenkasse erstatten lassen.