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Wiederruf der Kreditverträge von Zahnärztinnen und Zahnärzten
Zurück- 9. November 2022
- Lesezeit: 3min
Arbeiten & Organisieren
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei allgemeinen Kreditverträgen gestärkt. Das höchste Gericht der EU konkretisierte in einem Urteil vom 9. September 2021, welche Angaben enthalten sein müssen (Az. C-33/20, C-155/20, C-187/20). Demzufolge gehören dazu genaue Prozentsätze bei Verzugszinsen, damit ein/e Kreditnehmer/in berechnen kann, wie teuer es wird, wenn sie/er nicht rechtzeitig ihre/seine Raten zahlt. Auch müssten Banken die Berechnungsmethode einer bei vorzeitiger Rückzahlung fälligen Entschädigung für Durchschnittsverbraucher in einer „leicht nachvollziehbaren Weise“ angeben.
Was für Zahnärzt/innen als Kreditnehmer/innen bedeutet: Sind die Belehrungsklauseln nicht klar, verständlich oder unvollständig, können betroffene Kundinnen und Kunden gemäß dem Urteil aus dem Kreditvertrag aussteigen. Das gilt auch für die Jahre, nachdem die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen verstrichen ist. Laut Stiftung Warentest erhalten sie dann alle ihre Zahlungen zurück. Egal, ob sie auf Tilgung, Gebühren oder Zinsen entfallen. Viele Schuldner/innen können daher auch aus älteren Krediten für teure Möbel, Technik oder Reisen aussteigen und bei der Rückabwicklung ihrer Finanzierungen Geld sparen. Das gilt auch für Zahnärztinnen und Zahnärzte, die privat Darlehen aufgenommen haben. Ausgenommen sind nur Immobilien.
Unterschiede bei der Rückabwicklung
Beim Widerruf einer Autofinanzierung und anderer Warenkredite, die über einen Händler abgeschlossen worden sind, ist das Fahrzeug beziehungsweise die sonstige Ware zurückzugeben. Verbraucher*innen erhalten dafür alle Raten sowie die Anzahlung erstattet und brauchen das Darlehen nicht weiter bedienen. Eventuell müssen sie sich einen Wertverlust anrechnen lassen. Wer einen Kreditvertrag direkt bei einer Bank abgeschlossen hat und wegen Formfehlern widerruft, muss zwar den noch fälligen Darlehensbetrag zurückzuzahlen, der Saldo der wechselseitigen Erstattungen ist in der Regel aber erheblich geringer als die Restschuld zum Zeitpunkt des Widerrufs. Schuldner/innen bleiben zwar verpflichtet, die vereinbarten Zinsen zu zahlen, sonstige Entgelte und etwaige Verzugszinsen sind andererseits jedoch nicht zu berücksichtigen und fallen weg.
Das EuGH-Urteil kann etwa für Kreditverträge von Vorteil sein, die vor Jahren zu hohen Zinsen abgeschlossen wurden und die heute viel niedriger sind. Oder, weil Schuldner/innen bereits in der Lage sind, die Restschuld eines laufenden Darlehens zurückzuzahlen und eine Vorfälligkeitsentschädigung, die die Bank sonst erhebt, vermeiden können. Es ist in jedem Fall wichtig, sich vor einem Widerruf rechtlichen Rat einzuholen.
Die Vorteile beim Widerruf des Darlehensvertrags
Wirtschaftlich bedeutet ein möglicher Widerruf des Darlehensvertrags insbesondere, dass die Bank beispielsweise keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann, wenn eine Immobilie wegen eines Umzugs, einer Scheidung oder günstiger Marktverhältnisse verkauft wird oder das Darlehen vorzeitig abgelöst wird, weil sich die finanziellen Verhältnisse verbessert haben. Wenn die Vorfälligkeitsentschädigung bereits vor längerer Zeit gezahlt wurde, ist das wirtschaftliches Ergebnis der Rückabwicklung nach erfolgreichem Widerruf, dass die/der frühere Kund/in insbesondere die gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung verzinst zurückerhält.
Da in den Fällen des Widerrufs des Darlehensvertrags ein Anspruch der Bank auf Vorfälligkeitsentschädigung nicht besteht, eröffnet sich bei nicht abgelösten Darlehen die Chance, mit der finanzierenden Bank in Verhandlungen über neue Konditionen zu treten, um das aktuell niedrige Zinsniveau für sich zu nutzen. So ermöglicht der Widerrufsjoker das Umschulden zu einem neuen Darlehensvertrag, der mit deutlich günstigeren Zinsen überzeugt. So lassen sich auch in der Zukunft noch tausende Euro sparen.