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Streit im Praxisteam: So kann Mediation helfen
Zurück- 28. April 2023
- Lesezeit: 5min
Arbeiten & Organisieren
Was tun, wenn sich zwei Mitarbeiter/innen in einer Zahnarztpraxis ständig streiten und der Konflikt den Praxisbetrieb erheblich stört? Mediation kann helfen, wenn andere Strategien der Konfliktlösung scheitern.
Streit im Praxisteam ist nichts Ungewöhnliches. Häufig drehen sich Konflikte am Arbeitsplatz um Zuständigkeiten, die Arbeitsverteilung oder die Arbeitsweise in einem bestimmten Bereich. Rund zwei von drei Mitarbeiter/innen suchen manchmal sogar gezielt Streit, um Stress oder Frust abzubauen, ergab z. B. eine Umfrage von Oekonsult. Aber Konflikte kosten Zeit und Kraft, und die Spannungen können sich auf weitere Mitarbeiter/innen oder die Patient/innen übertragen. Sie können dazu führen, dass Mitarbeiter/innen häufiger oder länger krank ausfallen oder von sich aus kündigen. Für Praxen, die zunehmend mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen haben, ist das nicht tragbar. Wie sich Konflikte im Team frühzeitig erkennen und vermeiden lassen, wird z. B. im Praxisärzte-Blog gezeigt. Ist der Streit dennoch eskaliert oder die Situation festgefahren, kann als letzte Möglichkeit der Konfliktlösung die Mediation helfen. Aber was ist das eigentlich?
Was ist Meditation?
Mediation (lateinisch: Vermittlung) ist ein Verfahren, um Konflikte konstruktiv und strukturiert beizulegen. Die Konfliktparteien versuchen, zu einer gemeinsamen Vereinbarung zu gelangen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Die Mediation ist deshalb immer freiwillig. Die Bedürfnisse und Interessen der Beteiligten herauszufinden, ist sozusagen das Kernstück der Mediation. Deshalb werden die Konfliktparteien in ihrem Lösungsprozess von einem unabhängigen „allparteilichen“ Dritten (Mediator/in) begleitet.
Andrea Schannath ist ausgebildete Mediatorin und Juristin. Mitglieder im Virchowbund kennen sie aus der persönlichen, kostenlosen Rechtsberatung. Nur wenige wissen allerdings, dass der Verband auch Mediation anbietet. „Der Mediator muss neutral sein. Er trifft keine eigenen Entscheidungen bezüglich des Konflikts, sondern ist lediglich für das Verfahren verantwortlich. Bei einem Streit im Team kann also kein Kollege oder Chef die Mediatoren-Rolle übernehmen. Ein externer, unbefangener Mediator ist nötig“, erklärt die Mediatorin des Virchowbundes.
Mediation deckt wahre Ursachen für Konflikte auf
Die Mediation ist nicht auf Konflikte im Team beschränkt. Sie kann z. B. auch zwischen Partner/innen einer Berufsausübungsgemeinschaft, zwischen Mieter/innen und Vermieter/innen und in vielen anderen Kontexten eingesetzt werden.
Manchmal deckt das Gespräch mit Mediator/innen auch überraschende Ursachen für den Streit auf. „In einem Fall gab es Spannungen zwischen einem jungen Arzt, der gerade erst die Praxis seines Vorgängers übernommen hatte, und einer altgedienten MFA, die rebellierte. Im gemeinsamen Gespräch wurde klar: Die MFA war gar nicht schlecht auf den neuen Chef zu sprechen, sondern hatte einfach Angst, den neuen Anforderungen z. B. in Sachen Praxis-EDV nicht entsprechen zu können“, berichtet Mediatorin Schannath. Genau diese versteckten Ängste, die oft nicht einmal den Handelnden selbst bewusst sind, aufzudecken – das passiert in der Mediation. Wenn aber die Gesprächsatmosphäre bereits vergiftet ist, braucht es dafür eine Person von außen.
Auch die Konstellation der beteiligten Personen kann eine Mediation sinnvoll machen. Die Virchowbund-Mediatorin erinnert sich an einen Fall, in dem ein Praxisinhaber eine junge Ärztin im Jobsharing als Partnerin und zukünftige Nachfolgerin angestellt hatte. Gleichzeitig beschäftigte er seine Gattin als MFA. Diese sah sich als Frau des Inhabers in einer Sonderrolle und mit Entscheidungsgewalt ausgestattet. Die Jobsharing-Partnerin wiederum wollte das nicht akzeptieren. Der Praxisinhaber saß zwischen den Stühlen und holte sich Unterstützung beim Virchowbund. „Wir haben die Rollen der Beteiligten klar definiert: Was sind ihre Zuständigkeiten? Wer darf welche Entscheidung fällen? Wer darf Weisungen geben? Im Praxisalltag werden viele Abläufe nie schwarz auf weiß festgehalten, sondern spielen sich einfach ein. Dieses ‚Gewohnheitsrecht‘ kann dann aber bei einer Praxisübernahme oder einem Wechsel des Praxispartners zu Schwierigkeiten führen, wenn der neue Praxischef davon nichts weiß“, warnt die Virchowbund-Juristin. Besonders hilfreich ist die Mediation auch dort, wo sie den Gang vor Gericht erspart und eine schnellere und günstigere außergerichtliche Einigung ermöglicht. Welche weiteren Möglichkeiten es neben der Mediation gibt, zeigt die Praxisinfo „Außergerichtliche Streitbeilegung“ des Virchowbundes.
Mediation ist immer freiwillig
Mediation ist immer nur auf freiwilliger Basis möglich. Als Arbeitgeber/in können Sie Ihre Mitarbeiter /innen nicht dazu zwingen. Sie können sie aber darauf hinweisen, dass Sie den Streit auf Dauer nicht mehr dulden und ggf. arbeitsrechtliche Schritte unternehmen. Sie könnten z. B. eine/n der Mitarbeitenden versetzen oder in letzter Konsequenz auch beide Arbeitnehmer/innen kündigen. Wenn eine/r der streitenden Mitarbeitenden die Kündigung des anderen fordert, spricht man juristisch von einer Druckkündigung. Welche Möglichkeiten Sie in diesem Fall haben, erklärt der Virchowbund in einem eigenen Beitrag.
So funktioniert die Mediation
Das Mediationsverfahren läuft in 5 Schritten ab.
- Die/der Mediator/in erklärt den Ablauf der Mediation und die Parteien schließen eine Mediationsvereinbarung.
- Die Betroffenen schildern die Ausgangssituation, also Konfliktpunkte und Themen, bei denen sie aneinandergeraten.
- Beide Seiten erörtern ihre Standpunkte und Perspektiven.
Die Konfliktparteien erarbeiten eine Problemlösung und schließen mithilfe der Mediatorin bzw. des Mediators einen Kompromiss.
Die Betroffenen einigen sich und vereinbaren das weitere Vorgehen schriftlich.
Die Mediation hat großes Potenzial, einen Streit endgültig und für beide Seiten zufriedenstellen beizulegen. Statistische Erhebungen gehen von einer Erfolgsquote von rund 80 Prozent aus.
Quelle: Virchowbund
Dietmar Kern